Oscar ist 16, hochbegabt, studiert Mathematik – die Königsklasse. Moni ist 53, Mutter und Grossmutter, hat mehrere Jobs und studiert ebenfalls Mathematik. Wie kann das sein? Oscar hält sie zuerst für die Putzfrau, die sich auf dem Weg zur Mensa in seinen Hörsaal verlaufen haben muss. Und wieso – um Himmels willen – kennt ausgerechnet Moni den berühmtesten Mathematik-Professor der Universität persönlich?
Erster Eindruck: Ich mag das Cover des Schutzumschlages sehr gerne (auch wenn ich kein Fan von Schutzumschlägen bin) – es ist witzig, ebenso der Titel.
Oscar ist also hochbegabt, hat einen Adelstitel, ist vorurteilsbehaftet und hat kein Interesse an sozialen Kontakten. Er tut mir leid. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, mit 16 Jahren bereits zu studieren. Von seiner Intelligenz her ist das wohl keine Frage, aber in puncto Sozialkompetenz fehlt ihm einiges. Er ist sehr von sich überzeugt (tja, eben, die Intelligenz ist ja vorhanden), aber dadurch wirkt er auch wie ein Snob. So wie Moni zuerst beschrieben wurde, hätte man denken können, dass sie kurz vor der Rente stünde. Aber nein, sie ist erst 53. Warum darf ihr Umfeld nicht wissen, dass sie studiert?
Zu den erwähnten Vorurteilen: Oscar denkt u.a., dass Moni vielleicht gar keine Schulbildung genossen hätte (aber wie wäre sie dann zum Studium zugelassen?) oder dass sie doch besser nur einen einzigen Job als drei Jobs hätte. Nun ja, lieber Oscar, wenn aber das Geld sonst nicht für den Alltag reicht? Es ist arrogant von Oscar, Moni als sein Wohltätigkeitsprojekt zu betrachten. Aber ihm ist das nicht einmal bewusst. Das gehört wohl auch zu seinem autistischen Verhalten.
Zwei ungewöhnliche Protagonisten, die scheinbar nichts gemeinsam haben. Nein, stimmt nicht, ihr kleinster gemeinsamer Nenner ist die Mathematik (Wortspiel beabsichtigt). Gegen Schluss gibt es eine für mich unerwartete Wendung und ein abruptes Ende. Was wollte mir die Autorin nun eigentlich mit ihrer Geschichte sagen? Das ist für mich immer das Beste und zugleich das Schlimmste, was Autor:innen einem „antun“ können: sie bringen einen mit ihrer Geschichte zum Nachdenken! Für mich war es das erste Buch von Alina Bronsky, insofern habe ich keine Vergleichsmöglichkeiten. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten – 4 Sterne.