Ich habe bereits “22 Bahnen” von Caroline Wahl gelesen und so hat mich auch “Windstärke 17” interessiert. Während es in “22 Bahnen” um Tilda geht, lernen wir hier die kleine Schwester Ida besser und erwachsen kennen. Ida liebt wie ihre Schwester das Element Wasser, allerdings nicht im Sinne des gezähmten Schwimmbads, sondern sie liebt das Meer. Sie lässt sich treiben, taucht ein, kämpft gegen das Meer und gibt einen Teil ihres Schmerzes ins Meer ab, wird selbst zum Meer, wird wieder ausgespuckt und eingesogen. Diese Meer-Thematik finde ich recht gelungen und sie wird auch im Buchcover hervorragend gespiegelt.
Ebenfalls gelungen finde ich die Darstellung der ambivalenten Beziehung zwischen Ida und ihrer Mutter. Hier würde ich der Autorin am liebsten persönlich danken, dass mich das Buch innerlich dadurch so berührt hat. Denn ich habe selbst so ein ambivalentes Verhältnis zu Suchtkranken/psychisch kranken Eltern und hier trifft Caroline Wahl in der Beschreibung genau den richtigen Ton. Es ist schön, wenn ein Buch einen innerlich ergreift, auch wenn es nicht immer einfach ist.
Wahl bringt viele weitere Themen ein: Alle Protagonisten hadern entweder mit Liebe, schwierigen Beziehungen, Krankheit, Drogen oder anderem, Ida hadert mit allem davon. Das ist mir manchmal etwas zuviel, weil es nicht überall so treffsicher beschrieben ist wie die Facetten, die Wahl in der Beziehung zwischen Ida und ihrer Mutter beleuchtet. Hier wäre teils weniger mehr gewesen und bei dem “Weniger” könnte man dann genauer hinschauen.
Interessant finde ich die Namenswahl von Tilda (“die Kämpferin”) und “Ida”. Ida kann wohl als Kurzform von Namen, die “Hild” enthalten auch für “Kampf”, “Schlacht” stehen und diese beiden Namen sind wohl nicht zufällt gewählt. Schon bei der Geburt an war klar, dass diese beiden Kinder nicht friedlich, sondern im Kampf mit ihrer schwierigen Umgebung, aufwachsen. Und so bildet Ida letztlich auch weitere, unbändigere Facetten von ihrer großen Schwester Tilda ab, deren Leben mittlerweile nicht nur im Schwimmbad in geordneten Bahnen verläuft.
Insgesamt finde ich das Buch sehr gelungen, manchmal etwas zu stürmisch, aber emotional überzeugend und darum auf jeden Fall lesenswert! Ich bin auch gespannt auf die weitere Entwicklung von Caroline Wahl und ihre künftigen Bücher.