Allende bedeutete für mich früher: perfekte Literatur zum Schmökern und ein Garant in Sachen Unterhaltung. Violeta erfüllt diesen Masstab nicht, auch wenn Sprache und Stil den ihren Büchern so eigenen Sog entwickeln. Die Themen, die Allende ein Leben lang umtreiben (siehe ihr Memoir Was Frauen wollen), wurden der Protagonistin scheinbar schablonenhaft übergestülpt und auf ein Jahrhundert verteilt. 100 Jahre lang wird Violeta eher passive Zeugin von historischen Ereignissen, verstrickt sich in häuslicher Gewalt, Liebschaften und Sorgen um die eigenen Kinder, bevor sie - selbstverständlich vital und (sexuell) aktiv bis ins hohe Alter - Gutes tut. Für mich zu viel des Guten und trotzdem von vielem zu wenig; der Zauber ihrer früheren Frauenfiguren zog in diesem Allende-Roman leider an mir vorbei.