Dieses Erstlingswerk von Patricia Highsmith, “Zwei Fremde im Zug”, verdient zweifellos Anerkennung für sein reifes Schreiben, besonders wenn man bedenkt, dass die Autorin erst 29 Jahre alt war, als sie es veröffentlichte. Paul Ingendaay würdigt dies in seinem Nachwort zur Diogenes-Neuausgabe, übersetzt von Melanie Walz und ergänzt in seiner Analyse die Doppeldeutigkeit des Romans, welche in der bekannten Hitchcock-Verfilmung verloren ging.
Die Story ist zutiefst ambivalent, indem sie die Fantasien des jungen Charles Bruno, eines verwöhnten Millionärssohns, der unter der subtilen Tyrannei seines Vaters leidet, um den perfekten Mord kreist. Als er den Architekten Guy Haines im Zug von New York nach Texas trifft und ihm von seinem Plan erzählt, ist Haines zutiefst verstört von Brunos psychotischem Vorhaben. Doch trotz Haines’ Versuchen, sich von Bruno fernzuhalten, wird er unaufhaltsam in einen Strudel menschlicher Abgründe gezogen, der sein Leben für immer verändern wird.
Beim Lesen fühlte ich mich oft fassungslos und wollte die Protagonisten schütteln, besonders den devoten Guy Haines, der in eine schier unvorstellbare Misere gerät. Trotz gelegentlicher Längen fesselt der Roman und entfaltet einen subtilen Sog, der unter die Haut geht und mich bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen hat.