Der Roman von Kazuo Ishiguro aus dem Jahr 2021 umfasst 352 Seiten und ist ebenso polarisierend, wie zeitgemäss.
Es geht um Klara. Eine künstliche Intelligenz, welche einem älteren Modell angehört und im Schaufenster eines Ladens auf ihre neuen Besitzer wartet. Sie beobachtet scharfsinnig, stellt der Ladenbesitzerin teils tiefgründige Fragen und studiert das Verhalten der Menschen draussen auf der Strasse, wie auch im Laden.
Als Klara beobachtet, wie ein Obdachloser scheinbar durch die Kraft der Sonne wieder zum Leben erwacht, trägt Sie die Hoffnung in sich, dass die Sonne auch Josie, ihrer bald neuen Besitzerin, helfen kann. Ihr selbst hilft die Sonne schliesslich auch, da Sie ihre „Lebens“- Energie über Solarzellen bezieht.
Josie ist schwer krank, lebt mit ihrer Mutter allein auf dem Land, ohne viele Nachbarn und kaum Kontakt zu anderen Menschen, ausser ihrem guten Freund, mit welchem Sie Pläne für eine gemeinsame Zukunft schmiedet.
Klara agiert sehr verständnisvoll und bemüht, die richtigen Rückschlüsse aus dem Verhalten von Josie und den begleitenden Protagonisten zu ziehen, um situativ angemessen handeln zu können. Ihr oberstes Ziel ist es für Josie da zu sein und Sie stets zu unterstützen. Das ist angesichts des Verhaltens aller nicht immer einfach.
Das Ende ist anders als erwartet.
Ich empfinde den Ausgangspunkt des Buches als ein zentrales Thema der heutigen Zeit beziehungsweise der Zukunft. Wie wird die künstliche Intelligenz unsere Kinder und Jugendlichen heute/ zukünftig auf den Weg ins Erwachsenenalter begleiten? Wie setzen wir Sie ein, um uns als bereits Erwachsene in der Erziehung zu unterstützen, wenn nicht sogar zu entlasten? Wie wollen wir unsere Kinder mit Hilfe der KI gezielt beeinflussen?
Inhaltlich ein sehr spannendes Thema, hat es mir doch oft an Tiefe zwischen den Zeilen gefehlt. K. Ishiguro lässt vieles offen. So zum Beispiel wo das Buch spielt, in welchem Jahrzehnt/ Jahrhundert, was es mit der Krankheit von Josie auf sich hat und vielem mehr. Der Fantasie sind teils kaum Grenzen gesetzt, da man sich einiges zusammendenken oder erahnen muss.
Spannend war, dass ich sehr oft mit Klara mitgefühlt und mich ihr verbunden gefühlt habe. Manchmal habe ich mich ertappt, die Reaktionen der Protagonisten stark anzuzweifeln und fast fassungslos über deren Verhalten und teils Befangenheit in ihren Emotionen und Erleben, zu sein. Hier ist K. Ishiguro etwas besonderes gelungen, finde ich.
Wen die Thematik an sich interessiert, für den ist dieses Buch absolut lesenswert.