Ein über die Massen harmonisches Ehepaar, das recht isoliert lebt und kaum Bekannte hat: Er ist Forstarbeiter, sie besorgt den Haushalt. Kleine Lügen gehören bei dem Paar mit dazu: Agathe belegt Sandwiches für einen Angelausflug, auch wenn sie genau weiss, dass Réjean den Fisch, den er ihr am Abend mitbringt, im Supermarkt kaufen wird. Soweit so gut. Nun verschwindet der Gatte spurlos, und die vollkommen betroffene Agathe ist auf sich allein gestellt. Die Geschichte mag konstruiert wirken, das macht aber nichts, denn es liest sich ausserordentlich interessant, wie Agathe sich der Welt öffnen muss, einen Job annimmt etc.
Und wer jetzt denkt, dass wir es mit der Emanzipation einer verhuschten und eigentlich bedauernswert kleinlauten Frau zu tun haben, irrt sich: Agathe ist ein starker Charakter! Wunderbar übrigens, wie sie ihre Vorliebe für Rockmusik entdeckt (mit ihrem Mann hörte sie immer nur französischen Folk) und wie dem geneigten Leser respektive der geneigten Leserin nebenbei ein paar Musiklegenden näher gebracht werden. Man halte beim Lesen ein internetfähiges Gerät parat, um beim Lesen mithören zu können, wozu Agathe groovt. Was mit Réjean geschieht, ist ebenfalls extrem spannend (und eine famose Geschichte), der grösste Pluspunkt des Buches ist in meinen Augen jedoch der letzte Teil, in dem der Ehemann wieder vor der Tür steht, nichts ist wie zuvor, und beide konstruktiv damit umgehen können.
Ein gutes Buch für Musikliebhaber, ein gutes Buch für alle, die keine Angst vor einem anderen Lebensentwurf haben. Darüber hinaus: Sehr schön geschrieben und an vielen Stellen herrlich witzig!