Der Tipp einer Freundin und was bin ich ihr dankbar: meine erste Beauvoir und ein echtes Erlebnis.
Simone de Beauvoir erzählt in «Die Unzertrennlichen» autofiktional von ihrer Freundschaft zu Zaza. Die beiden lernen sich 1917 im Alter von neun Jahren in der Schule kennen und sind schon bald unzertrennlich. Zaza ist Simones erste grosse Liebe. Entsprechend erschüttert ist die grosse Philosophin und Feministin, als ihre Freundin am 25. November 1929 überraschend stirbt. Oft hat sie versucht, Zaza literarisch ein Denkmal zu setzen und dieses, bis 2020 unveröffentlichte Manuskript ist einer von vielen Versuchen.
Diese Einordnung vermittelt uns gleich im Vorwort die Adoptivtochter de Beauvoirs, Sylvie Le Bon de Beauvoir.
Beeindruckt haben mich die kindlich und später jugendliche Ich-Perspektive von Sylvie, ihrem Alter Ego, die sie so überzeugend darstellt, ihre Beobachtungen zur damaligen Gesellschaft, ihr Humor und die Sprache, die teils überbordend opulent ist und durch starke Gegensätze überrascht. Die damalige Zeit ist beinah körperlich spürbar, so lebendig schildert de Beauvoir ihre Umgebung und die Menschen darin. Toll auch die Landschaftsbeschreibungen, die Namen all der Pflanzen, von denen ich nie gehört habe (und die in der Hinsicht gut auch erfunden sein könnten – ich würde es nicht merken). «Die Unzertrennlichen» zu lesen, war allein sprachlich ein einziger Genuss! Ein entsprechend grosses Lob an der Stelle an die Übersetzerin Amelie Thoma.
Es ist ein schmales, feines Buch, Denkmal einer Freundschaft, einer prägenden Lebensphase und einer Gesellschaft mit erstickenden Erwartungen an Frauen. Es ist ein zutiefst feministischer Text, ohne belehrend oder empört zu sein. De Beauvoir teilt mit uns ihren erwachenden, kritischen Blick auf ihre Zeit und ich bin froh, dass die Nachlassverwalter entschieden haben, «Die Unzertrennlichen» der Welt nicht länger vorzuenthalten.