Eine Nordseeinsel, Fischer, die keine mehr sind, eine Familie aus Schweigenden, die zwischen verlorener Vergangenheit und unvorstellbarer Zukunft festsitzt, eine Fähre, die ungleiche Welten verbindet: Dörte Hansen beschreibt in beeindruckenden Bildern und präziser Sprache die Bodenlosigkeit der Schiffbrüchigen, obwohl sie auf dem Land sind. Feinfühlig zeichnet sie die verzweifelten Menschen, ihrer Tradition beraubt und heimatlos in eine sich verändernde Welt schlitternd. Und doch: langsam bahnen sich Veränderungen an, unmerklich verabschiedet sich altes, eröffnet sich Neues, graduell, nicht umwerfend, schweigend suchen sie alle das, was für sie an Leben noch möglich ist.
Bedrückend ist vor allem das grosse Schweigen, die Sprachlosigkeit, die Hilflosigkeit angesichts der unaufhaltsamen Veränderungen, der sich auflösenden alten Inselwelt, des Verlusts der Fischerei, der Überflutung durch Touristen und der drohenden Umweltkatastrophen. Interessant ist auch, wie sich die beschriebenen Personen selbst suchen, sich ihrer verschiedenen Identitäten kaum bewusst sind und doch eine versteckte Sehnsucht nach einem anderen Leben spüren.
Ein schönes, ruhiges aber zuweilen sehr bedrückendes Buch mit interessanten Gedanken und Innenansichten. Im Schweigen entsteht ein Gefühl von Stillstand im Lebensfluss, der sich dennoch langsam aber stetig weiterentwickelt. Ein Roman zuweilen mit Wiederholungen, aber schön und lohnenswert zu lesen.