Dieses Buch gehört in jeden (Geschichts-)Schulunterricht in Schweizer Schulen - und darüber hinaus: Mitten unter uns geschieht tagtäglich Unrecht und niemand will es sehen oder gerade stehen dafür. Aber es geht weniger um Einzelschicksale als viel mehr um das horrende Versagen von Behörden und Verwaltungen, kurzum um systematische strukturelle Gewalt.
Die Autorin Lisbeth Herger gelingt es mit ihrer Recherche und faktenorientierten Rekonstruktion des ‘Falles Nina Zingg’ gekonnt grosse Ungerechtigkeit und Grausamkeit aufzudecken und ohne voyeuristische Gefühlsduseligkeit grausames Unrecht zu beschreiben, dass es unter die Haut geht.
Exemplarisch steht Nina Zingg für die vielen Frauen und Mädchen (aber auch Männer und Jungen), die in den Strukturen von (Vormundschafts-)Behörden gefangengenommen und verlorengegangen sind. In diesem Hamsterrad von behördlicher Bestimmungen begegnet Zingg von jung auf nur Ausbeutung, Misshandlung und Missbrauch: pure Versklavung in gutbürgerlichem, zwinglianischem Zürich! Und das nicht etwa vor hundert Jahren - sondern mit Folgen im Hier und Jetzt, mitten unter uns.
Dieses grausame Beispiel zeigt einen weiteren düsteren Kapitel aus der Schweizer Geschichte auf, welches sich gleichbedeutend zu ‘Kinder der Landstrasse’ und ‘Verdingskinder’ hinzufügen lässt und nicht ad acta gelegt werden darf.
Schrecklich traurig, erschütternd und mehr als nur lesenswert.