Das Buch Die Fünf ist in Paris bereits 1936 in Russisch erschienen, wurde jedoch erst 2012 ins Deutsche übersetzt.
Die Geschichte selbst spielt in Odessa am Schwarzen Meer, anfangs des 20. Jahrhunderts, noch vor der russischen Revolution. Es ist gleichzeitig Hymne und Abgesang an eine besondere Stadt und an eine vielfältige bunte Gesellschaft, scharf gezeichnet am Beispiel einer jüdischen assimilierten Familie und ihren fünf sehr unterschiedlichen Kindern, die der Autor in der Ich Form in ihrer Entwicklung begleitet.
Ein wunderschönes aber auch tieftrauriges Portrait einer Gesellschaft und einer Stadt, die es so längst nicht mehr gibt. Jabotinsky, auch er 1880 in einer jüdisch assimilierten Familie in Odessa geboren, ist ein scharfer Beobachter und beschreibt sowohl die politischen Umstände als auch die menschliche Psyche sehr eindringlich. Es kommen viele Namen vor und bezüglich der historischen Details musste ich trotz Fussnoten und Anmerkungen am Ende des Buches doch einiges nachschauen. Das hielt mich immer wieder ein wenig auf, war aber meinem eigenen geschichtlichen Unwissen geschuldet. Die Schicksale der fünf Geschwister fand ich, vor allem gegen Ende, zum Teil fast zu extrem. Das ist vielleicht ein bewusst gewähltes Stilmittel, hat mich jedoch ein bisschen irritiert. Alles in allem aber ein sehr empfehlenswertes Buch!
Ich könnte vieles zitieren, aber das gefiel mir besonders in seiner schmerzlichen Aussagekraft und gerade in der heutigen Zeit, in der es immer weniger solche wunderbaren Schmelztiegel gibt: “Damals war Odessa noch eine Königin… und wenn ich näher dran wäre, würde ich das schönste Lied der Menschheit hören: hundert Sprachen.”