Ursprünglich dachte ich nicht, dass ich dieses Buch lesen möchte, so hochdekoriert es auch ist. Ich war zugegebenermassen voreingenommen.
Der Beitrag im Literaturclub hat mich angesprochen. Mir wäre eine Delikatesse entgangen. Wobei Delikatesse nicht zu verwechseln ist mit einfach und sanft zu kosten.
Kim de l’Horizon packt ungemein viel in dieses Werk - sprachlich und inhaltlich. Ich bin durchwegs fasziniert. Die Sprache ist unvergleichlich. Einwandfreies Deutsch gemischt mit Mundart (Berndeutsch), gehobenen französischen Ausdrücken, wie es oft gang und gäb war, vor allem wenn man sich distinguiert ausdrücken wollte. Aber auch gängige berndeutsche Wörter wie “Rhüüme” (Schnupfen) etc. Die Sätze jeweils dem Alter der Erzählfigur angepasst oder den anderen Protagonisten. Je nachdem, in welchem Lebensalter sich die Erzählfigur befindet ist auch die Ausdrucksweise. Teilweise sogar eher rüde, aber durchaus passend.
Der Inhalt berührt sehr. Es ist eine Geschichte um das “Ich” genauso wie um die Herkunft, die Eltern, vor allem die Meer, weniger der Peer, die Grosseltern Grossmeer und ein wenig Grosspeer. Viel Text richtet sich an die Grossmeer. Es ist eine tiefe Auseinandersetzung, die die Blutbande auseinandernimmt - aber nicht nur, auch gesellschaftliche Themen und nicht in Schuldzuweisungen endet, sondern in Verstehen.
Ich dache vorher, es geht um “Identität” und kreist darum, dass das Individuum im Mittelpunkt steht - wie habe ich da geirrt. Es war ein Genuss, das Buch zu lesen, die Auseinandersetzung mit den Themen, das Nachdenken auch mit eigenem Erleben.
Muss man gelesen haben!