Ein 18 Monate alter Junge wird aus seinem Kinderwagen entführt, seine Mutter Sunna und Stiefvater Robert sind verzweifelt. Kriminalkommissar Ari Por Arason, der diensthabende Beamte der örtlichen Polizei versucht fieberhaft den kleinen Jungen zu finden.
Gleichzeitig ermittelt Ari Por in einem Cold Case. In den 50er Jahren wurde eine tote Frau auf einem abgelegenen Bauernhof aufgefunden. Alle gingen damals von Selbstmord aus. Ein nun aufgetauchtes Foto und neue Erkenntnisse zeigen, dass damals wohl vorschnell ein Urteil gefällt wurde.
Nach der Trilogie mit der Kommissarin Hulda Hermannsdotir ist «Blindes Eis» inzwischen der dritte Band mit ihrem Nachfolger Ari Por Arason. Der Kriminalkommissar ermittelt sehr besonnen und unaufgeregt und wirkt ab und zu blass. Er ist kein Ermittler, der sich in den Vordergrund drängt und oft wird er für ein, zwei Kapitel völlig von der Bühne verdrängt. In die Rolle springt dann die Journalistin Isrun, die Recherchen betreibt und auch herausfinden will, was geschehen ist. Dadurch entstehen etliche nebeneinander laufende Stränge, deren Verbindung ich lange Zeit nicht gesehen habe. Die komplexe Handlung bedingt sehr konzentriertes Lesen, da zudem noch zwei komplett unterschiedliche Fälle behandelt werden.
Erst einmal erlebt man Robert und Sunna, die versuchen eine Familie zu werden und sich mit dem Vater des kleinen Kjartan zu arrangieren. In diesem Strang erlebt man als Leser gruselige Situationen, die sich nachts in ihrer Wohnung abspielen.
Dann ermittelt Ari Por Arason, der sich mit seinem Vorgesetzten Tomas auf dem Revier abwechselt. Erschwerend zu den Ermittlungen kommt dazu, dass die ganze Stadt Siglufjördur unter Quarantäne steht, da eine ansteckende Krankheit die Runde macht. Nein, es ist kein Covid, sondern die tödlich verlaufende Ebola Grippe, die die Menschen verunsichert. Abstand halten, Desinfektion und Quarantäne…etwas, was ja auch in der Realität an der Tagesordnung ist. Ich empfand diese Seite der Handlung als harmonisch und gut ergänzend in die Krimihandlung eingefügt.
Zuletzt erlebt man die Journalistin Isrun, die nicht nur eine Krankheit mit sich schleppt, sondern deren Vergangenheit mit ihren Eltern thematisiert wird. Letzteres war für mich eher als Seitenfüller als eine Bereicherung für die Hauptgeschichte, da keinerlei Relevanz für diese.
Es dauerte eine Weile, bis ich den Ueberblick der verschiedenen Stränge gehabt habe und ich war gespannt, ob und wie die beiden Fälle eine Verbindung haben.
Dieser dritte Band kann völlig ohne Vorkenntnisse der beiden ersten Bücher gelesen werden. Etwas, was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann.
Von Island mit seiner kargen Umgebung bekommt man nicht so viel mit in diesem Buch. Gleichwohl hat es Ragnar Jonasson geschafft eine düstere Grundstimmung zu schaffen, was ja oft der Fall ist in Island Thrillern.