Ein Lieblingsbuch. Das Buch wurde vor bald 80 Jahren geschrieben, Pulitzerpreisnominierung 1944.
Die Hauptfigur des Romans ist die zu Beginn 11jährige Mary Frances Nolan, die mit ihrem Bruder Cornelius, Neeley genannt, in Brooklyn aufwächst, in einer Immigrantenfamilie aus einfachsten Verhältnissen mit Irisch-österreichischen Wurzeln. Francie sitzt im Hinterhof ihres Mietshauses auf der Feuerleiter, liest in einem Buch aus der Bibliothek, lutscht dazu eine Süssigkeit, die sie und ihr Bruder sich durchs Verkaufen von Trödel leisten können, und ist in dem Moment mit sich und ihrer Welt im Reinen. Sie wird es dabei aber nicht belassen, sondern alles dafür tun, um der Armut und dem damit verbundenen engen Horizont zu entkommen. Ihre Familie unterstützt sie dabei, so gut es geht.-
Die Autorin Bessy Smith hat in dem Roman wohl auch eigene Erfahrungen verarbeitet. Francies Charakter ist es, dass sie, genau wie der titelgebende Baum aus dem Hinterhof, auch in widrigen Umständen wachsen und sich entwickeln will und es auch schafft - am Ende des Buchs sehen wir sie im Aufbruch in ein Studium und bereit zu neuen Erfahrungen. Zu diesem Erfolg hat auch ihre Familie beigetragen, selbst ihr nicht sehr lebenstüchtiger, alkoholsüchtiger Vater, dem die Verantwortung für die Familie eine schwere Bürde ist, der aber empfindsam und musikalisch ist und den Francie sehr liebt. Francies Mutter muss die Hauptlast tragen und tut das auch, und die Familie entwickelt ihre eigenen Strategien, mit den Schwierigkeiten umzugehen und dem Leben trotzdem das Beste abzugewinnen. Sie sparen für die Zukunft, ohne dabei auf kleine Freuden im Alltag zu verzichten, auf eine Art, die uns heute in unserem westlichen Luxus völlig exotisch vorkommen kann. Sie spielen zum Beispiel eine Zeitlang immer Ende des Monats, wenn das Geld einfach nicht mehr für Lebensmittel reicht, das Spiel, sich vorzustellen, sie seien Entdecker auf einer Polarexpedition und müssten es noch eine Strecke ohne Brot schaffen, und erst nach einiger Zeit hilft auch diese Vorstellung nicht mehr so gut gegen den Hunger … Aber dann ist das Monatsende erreicht und das Schlimmste überstanden.
Zur Geschichte gehört ein Gefüge miteinander verbundener Menschen, Francies Familie, in der es besonders starke, tapfere, lebenslustige und bildungsbeflissene Frauen gibt, auch einige Männer drumherum - und auch die Umgebung in Brooklyn Anfang des 20. Jahrhunderts wird sehr lebendig geschildert.
Zu gern hätte ich auch noch gelesen, wie es mit Francie, Neeley, ihrer kleinen Schwester Annie Laurie und allen weitergegangen ist … Aber vielleicht sollte ich das Buch stattdessen nochmals lesen (-:? Oder ein anderes suchen, das genauso realistisch, farbig, vielschichtig, spannend und hoffnungsvoll ist!