Laetitia Colombani schreibt in ihrem Roman vor allem von Frauen - von Frauen mit unterschiedlichen Biografien.

Die zwei Hauptprotagonistinnen kommen abwechslungsweise zur Sprache. Da ist Blanche Peyron, die zusammen mit ihrem Ehemann Albin eine führende Rolle in der Heilsarmee einnimmt. Das Ehepaar führt eine Beziehung auf Augenhöhe. Blanche ist die treibende Kraft, aber immer mit Albin an ihrer Seite. Sie kämpft für Frauen am Rand der Gesellschaft, für obdachlose Frauen, welche in der Zeit im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ein sehr schwieriges Dasein führen, unter Gewalt und Ausgrenzung leiden. Es gelingt ihr und ihrem Mann, ein grosses Gebäude zu kaufen und mit grösstem Effort und viel Unterstützung, zu renovieren, umzubauen und als “Palast der Frauen” zu etablieren. Da erhalten diese bedürftigen Frauen Unterkunft und Unterstützung. Die beiden Personen Albin und Blanche Peyron gab es tatsächlich und sie waren engagierte Mitglieder der Heilsarmee. Auch diesen Palast der Frauen haben sie tatsächlich auf die Beine gestellt.

In der aktuellen Zeit lebt Solène - eine Juristin, die ein schweres Burnout und eine Depression durchlebt. Sie beginnt auf Empfehlung ihres Psychiaters eine ehrenamtliche Tätigkeit in ebendiesem Palast der Frauen - als Schreiberin, d.h. sie soll für die Frauen schreiben. Anträge, Briefe etc. Dabei tun sich ihr Abgründe auf. Es werden Schicksale von Frauen erzählt, welche sehr nahe gehen. Sehr unterschiedliche Biografien trifft man da an. So manche Abgründe, die volle Breitseite.

Das Buch lässt sich flüssig lesen. Die Wechsel zwischen den Episoden aus dem Leben von Blanche und jenem von Solène machten mir keine Mühe. Die Schilderungen zur Heilsarmee wirken von den Begrifflichkeiten her etwas befremdend - Offiziere in einer wohltätigen Organisation. Aber das ist nun einfach so. Es ändert nichts am Wesen und an der Zielrichtung dieser auch heute noch existenten Organisation. Gestört hat das nicht, es ist mir nur aufgefallen, wie fremd es anmutet.

Für mich war das Buch lesenswert, zum Nachdenken anregend. Hinhören, nicht wegschauen, sowohl rund um sich herum, als auch in sich hinein. Man muss sich dabei aber klar sein, dass ausschliesslich die mehr als schwierigen Lebensumstände von Frauen beschrieben werden. Um die Männer geht es hier nicht. Für meinen Geschmack hatte es etwas zu viele Zitate und Sinnsprüche. Die beiden Geschichten müssten aus meiner Sicht auch nicht unbedingt im gleichen Buch stehen.