Marie Benedict schreibt ein faszinierendes, facettenreiches Bild einer aussergewöhnlichen Frau - an der Seite eines ebenso aussergewöhnlichen Mannes - und dies in schwierigsten Zeiten. Sie verschweigt nicht die Schwierigkeiten, denen Clementine in ihrer Ehe ausgesetzt war - als Ehefrau und Mutter, die zudem ein Kind sehr früh und tragisch an Blutvergiftung verliert.
Dass sich diese Frau nicht einfach nur über ihren Mann definiert und sich nur im Glanz seines Amtes gross fühlt, zeigt sich, als nach dem Dardanellen-Debakel (1. Weltkrieg) Churchill das Bauernopfer wird und nach und nach allen Einfluss und alle politischen Ämter verliert. - Clemmie bleibt an seiner Seite - auch als er abermals das politische Lager (berechnend) wechselt und ihre politischen Ansichten mehr und mehr divergieren.
Es ist (leider) keine durchgängige Biografie - beginnend mit der (Vorblende zur) Hochzeit und endend mit dem 2. Weltkrieg reiht Benedict Episode an Episode - manchmal unvermittelt einsteigend und ebenso unvermitteln endend… Das empfand ich hie und da unbefriedigend. (Übrigens sind die Kapitel stets mit Daten und Ortsangaben überschrieben - dies sollte man zur Orientierung bei den biografischen Sprüngen am besten im Auge behalten!)
Clementine Churchill wird auf dem Cover als ‘emanzipierte Frau an Winston Churchills Seite’ angepriesen - die Frage ist allerdings, WAS man sich unter ‘emanzipiert’ vorstellt - denn, was uns hier vorgestellt wird, ist eine Frau, die sich im Dienste ihres Mannes komplett aufopfert - bis hin zum Burnout und ‘Selbstzerfleischung’, weil sie glaubt, als Mutter versagt zu haben - DOCH betont ‘Clemmie’, wie sie genau hierin ihre Erfüllung und Berufung gefunden hat. - Sie ist ‘Churchills Geheimwaffe’ (wie er selber sagt), sie ist es, die die Frauen zunächst in ihrem Kampf ums Wahlrecht, dann auch in ihrem Kriegsengagement unterstützt, sie ist es, die Winstons Reden korrigiert, die ihm den Rücken freihält und stärkt, die ihn auch schon Mal korrigiert. - Und er ist es, der genau eine solche Frau an seiner Seite brauchte: eine starke und selbstbewusste Frau.
Diese Spannung ist irritierend und doch stimmig: Clemmies Stärke wird da sichtbar, wo sie sich über ihre Grenzen hin einsetzt, wo sie den klaren Blick fürs Volk hat, der Winston (im 2. Welt)Krieg oft fehlt - und es ist Winstons Stärke, seine Frau nicht einfach ‘unterm Deckel’ zu halten. Auch wenn er sie gekonnt und bewusst für seine eigenen (oft egoistischen, politischen…) Zwecke/Ziele einsetzt - so tut er dies nicht heimlich - sondern öffentlich - und vielleicht geschieht genau hier Emanzipation!
Schade, endet das Buch mit dem 2. Weltkrieg - so dass vieles von den 20 Jahren danach (bis Winstons Tod) nicht mehr in den Blick kommt - welche Aufgabe hatte sie im Aufbau? - Oder auch nach Winstons Tod - wie hat sie sich ohne ihn ‘positioniert’?
Benedict hat sich enorm stark eingefühlt in diese aussergewöhnliche Persönlichkeit. Sie trifft einen Ton, von dem man das Gefühl hat ‘sie war dabei und hat mitgeschrieben’! Insgesamt ein gut geschriebenes Buch, das zudem viel Einblick in die Weltgeschichte und -geschicke, besonders der Jahre des 2. Weltkrieges, gibt.