Für Beth wird das Schachbrett zum Sprungbrett in ein selbstbestimmtes Leben - doch dies nicht geradlinig, sondern mit manchem Taucher…
Früh verwaist kommt sie mit acht Jahren in ein Kinderheim, wo die psychologische Betreuung durch Pillen ersetzt wird… (solange es zumindest erlaubt ist…), was zum Knack- und Ausgangspunkt weiterer Probleme für Beth werden wird.
Zufällig begegnet sie dem Hausmeister Mr Shaibel im Keller des Heimes beim Schachspiel, auf ihr Betteln hin bringt er ihr das Spiel bei - und entdeckt so ihr unglaubliches Spieltalent.
Mit zwölf wird sie adoptiert und kann ihrer Schachleidenschaft frönen, unterstützt von ihrer Stiefmutter - was jedoch nicht unbedingt ‘uneigennützig’ geschieht, kommt diese dadurch etwas ‘in der Welt herum’ und verdient dabei Spesen und ein bisschen mehr - wobei Beth ihr Konto anlegen darf.
Auch diese Episode ist ein kurzes Kapitel, da die zweite Mutter ebenso unvermittelt stirbt wie die erste - der Stiefvater ist da schon längst desinteressiert über alle Berge verschwunden…
Letztendlich findet sich Beth allein im Haus der Stiefmutter, das sie soeben aufgekauft hat wieder… vereinsamt und versumpft - hier wird existentiell klar und überdeutlich, dass sie nie lernen konnte, sich zu stabilisieren und zu ressourcieren - wie im Heim wird das an Pillen, bzw. Alkohol delegiert…
Nach einer heillos verpatzten Partie besinnt sie sich eines besseren, macht Jolene aus Kindertagen ausfindig, die sie mit Engagement aus dem Sumpf zieht - und dabei auf Beth eisernen Willen zählen kann. - Letztendlich kriegt Beth die Kurve wieder, trainiert erneut hart, bleibt trocken und bodigt in Moskau vor Heimpublikum die gefürchteten Russen.
Eine Geschichte, die schnell nacherzählt ist (in groben Zügen) - aber dennoch vielschichtig ist, weil sie existentielle Fragen aufgreift:
Wie schon angesprochen, die Frage nach dem Umgang mit den Lebenskrisen und Einsamkeit; aber auch nach der Fokussierung auf ein grosses Ziel (bei Beth Schach), dem alles untergeordnet wird. - Wie weit darf eine solche Fokussierung gehen - ohne dass sie entgleist? In Beth weckt sie zudem kriminelle Energien, um ans Ziel zu kommen (Diebstahl/Unterschlagung von Geld, Schachheft, Pillen). Heiligt der Zweck und die Not die Mittel? - Auch die Frage nach der Versöhnung mit der eigenen Lebensgeschichte wird kurz gestreift, als sie mit Bitterkeit feststellt, dass sie (obwohl erst 19!!!) ihr Ziel spät (!!!) erreicht hat, weil sie im Heim nicht jene Schach-Förderung erhielt, die sie früher dorthin katapultiert hätte. Doch kann man sich Gedanken machen, ob nicht jedes Ziel auch eine bestimmte Reife benötigt, um nicht zum Verhängnis zu werden - was Beth ja eigentlich auch erleben musste.
(Es sei noch angefügt, dass ich die Netflix-Serie dazu nicht gesehen und einzig das Buch gelesen habe. Für nicht Schach affine Lesende mag es möglicherweise etwas schwierig sein, die zahlreichen Schachbegriffe und Züge zu gouttieren.)