Ich bin richtiggehend in dieses Buch hineingestolpert, ohne davor den Klappentext gelesen zu haben – sprich worum es geht. Hätte ich es auch mit diesem Wissen gelesen? Egal, es hat mich total überrascht und auch irgendwie fasziniert, aber auch aufgewühlt und bewegt. Ob und inwieweit das Buch Verständnis für Gedankengänge und Handlungen von Menschen mit Depression fördert, ist wohl individuell vom Leser/der Leserin abhängig. Jedoch tragen solche Bücher sicher dazu bei, dass mehr darüber gesprochen wird und die Mitmenschen mit dieser Krankheit weniger stigmatisiert werden.
Die 15jährige Juli stürzt sich von der Autobahnbrücke und landet vor dem Auto von der 65jährigen Helga. Diese liest sie wortwörtlich zusammen, bringt sie zur Erstversorgung ins Spital und wird dort für deren Oma gehalten. Die Abreise von dort gestaltet sich daher einfach und Juli muss sich weder outen, Grund der Verletzungen, noch ihre Eltern anrufen. Helga erfährt nicht, dass Julis Mutter nicht mehr lebt und sie von Daheim abgehauen ist, ahnt jedoch einiges. Umgekehrt weiss Juli nicht, warum Helga die Fahrt Richtung Schweiz unternimmt und dass sie sehr krank ist. Nur langsam nähern sich die beiden Frauen emotional, jedoch räumlich sind sie im Auto quer durch Deutschland unterwegs. Beide sind gleichwohl fasziniert voneinander, halten sich noch bedeckt über eigene Beweggründe, haben ihre Gedankengänge und erleben nun auf dieser Fahrt viele sonderbare, interessante, spannende, verrückte Situationen.
Noch schwierig in Worte zu fassen, was dieses Buch ausmacht. Während des Lesens schwankten bei mir auch Eindrücke von Hoffnung, Befremden, Verständnis – einfach ein Buch, welches ein schwieriges Thema interessant und unterhaltsam näherbringt. Das Buch sticht eindeutig aus dem Frühlingsneuheiten heraus, weil es authentisch, speziell und einfach nicht «08.15» ist – daher sowieso das Prädikat lesenswert!
Und mir ist bezüglich der Freundschaft welche sich zwischen den beiden Hauptpersonen langsam entwickelt, der Film «Usfahrt Oerlikon» mit Jörg Schneider und Matthias Gnädinger in den Sinn gekommen – ebenfalls sehr empfehlenswert für einen «anderen» Filmabend.