Dass dieses Buch als bevorzugte Lektüre für Oberstufenschüler*innen verwendet wird, ist einigermaßen erstaunlich. Denn die lustige Beschreibung einer Roadtour von Maik Klingenberg und “Tschick”, die in ihren Sommerferien aufbrechen, um Tschicks Grossvater in der Wallachei zu besuchen, strotzt nur so von Grenzüberschreitungen. Nach dem sie sich einige Tage am Pool gesonnt haben und Battles mit der Konsole ausgetragen haben, brechen sie im geklauten Lada auf, um der gepflegten Langeweile zu entgehen. Tschick ist in der 8.Klasse, die die zwei Abenteurer gemeinsam besuchen, der unberechenbare Aussenseiter, ein “Bad Boy” aus einer Plattenbausiedlung, der öfters angetrunken zum Unterricht erschienen ist. Maik stammt aus einem nach außen intakten Umfeld der oberen Mittelklasse, lebt im gepflegten Eigenheim mit eigenem Pool, und wird in der Klasse als unauffälliger Langweiler gehandelt. So ist er auch nicht auf die Geburtstagsparty der von ihm so verehrten und begehrten Tatjana Cosic geladen. Kurzzeitig war er zwar mal als “Psycho” interessant, da er seine Realität hinter der Fassade in einem Aufsatz beschrieben hat. Denn seine Mutter geht in regelmäßigen Abständen in die mit “Beautyfarm” bezeichnete Entzugsklinik, der Vater hangelt sich aus einem Konkurs ins wirtschaftliche Überleben. Diese Sommerferien verbringt Maik alleine, da die Mutter in die Beautyfarm eingerückt ist und der Vater mit seiner jungen Assistentin zwei Wochen auf “Geschäftsreise” geht. Vorher drückt er seinem verdutzten Sohn 200 Euro in die Hand mit der Aufforderung “keinen Scheiss zu machen!” Der Road-Trip beginnt mit der Ablieferung des Geschenks von Maik für seinen Schwarm Tatjana zu ihrem Geburtstag, einem minutiös vergrößerten gemalten Poster von ihrer Lieblingssängerin Beyoncé bevor die zwei sich mit rauchenden Reifen in Richtung Süden aufmachen. Die perfekt gesetzten Dialoge entlarven die Welt und die Lebensführung der Erwachsenen. Da geht es aber auch um Freundschaft, um Liebe, um Selbstbewusstsein und sich spüren. Der erzählende Maik erweist sich als lakonischer Chronist einer Generation gelangweilter und genervter Jugendlicher, die den falschen Schein im Sein der Erwachsenen begreifen. Er schildert die Momente des gemeinsamen Aus- und Aufbrechens, wo für die beiden Ausreisser Solidarität, Abenteuer und perfektes Geniessen einer Stimmung spürbar werden. Natürlich geht Einiges schief und landen die Zwei vor dem Jugendrichter. Der damals schon todkranke Herrndorff hält uns Erwachsenen einen Spiegel vor, witzig und unterhaltsam zu lesen, hart und unerbittlich in seinem Urteil.