Mit dieser Frage beschäftigt sich Hervé Le Tellier über 345 Seiten. Wer also bereits eine klare Meinung über unser Dasein hat, braucht dieses Buch nicht zu lesen. Mir hat es durchzogen gefallen; Der erste Teil fand ich sehr spannend, der zweite Teil sehr anstrengend, verwirrend und komplex. Der dritte Teil klärt auf, entwirrt allfällige Gedankenverknüpfungen und lässt schlussendlich alles offen.
Mir gefiel der den jeweiligen Protagonisten angepasster Schreibstil des Autors, zeitweilig etwas flapsig und dann wieder philosophisch oder abstrakt. Im ersten Teil stellt der Autor in wenigen Sätzen prägnant die neun Protagonisten so vor, dass der Leser sogleich den Menschen dahinter sehr gut kennt. Die erste Phase ist abwechslungsreich, geistreich und teilweise flüssig zu lesen.
Die zweite Phase des Buches gefiel mir weniger. Sie spielt sich kurz nach dem Flug ab als bereits bekannt ist, dass das Flugzeug samt Passagiere ein zweites Mal gelandet ist. Politiker, religiöse Herrschaften, Mathematiker, Philosophen und das FBI, sie alle versuchen eine gemeinsame Theorie zu finden, wie so etwas passieren konnte. Diese Phase beschreibt Hervé le Tellier sehr abstrakt, teilweise bizarr. Er stellt in kürzester Zeit schlagartig diverse Theorien vor, mal mathematisch, mal religiös, mal philosophischer Natur. Alles kompliziert, schwierig zu verstehen und teilweise derart von den Haaren beigezogen, dass ich seinen Gedanken nicht folgen konnte. Dieser Teil des Buches fand ich – vielleicht aufgrund meiner mangelnder literarischer Kenntnisse – verwirrend und zu anstrengend.
Der dritte Teil des Buches wird wieder den Protagonisten gewidmet. Wie gehen sie mit ihrem zweiten Ich um? Wie können dieselben Personen zweimal in ihrem Leben leben ohne den anderen zu stören? Und dann finden auch religiöse Fanatiker Platz, die in solch einer Szenerie Gotteslästerung sehen. Dieser letzte Teil war für mich definitiv der interessanteste und spannendste. Dieser Teil hätte meiner Meinung nach viel mehr Platz haben dürfen.
Insgesamt hat mich das Buch mehr verwirrt als aufgeklärt. Das Gute aber ist, dass der Schluss alles offenlässt. Es kommt mir derweil so vor, als ob der Autor den Leser auf das Thema Simulation aufmerksam machen wollte. Den Leser mit diesem Buch animieren wollte, über sich, das Leben und unser Dasein nachzudenken. Mir war vor diesem Buch die Thematik um die Simulation nicht bekannt und es regt mich an, darüber nachzuforschen. Wer ‘macht’ uns? Wer steuert uns? Gib es da überhaupt Wer? Bin ich Wer?
Der Autor bereichert seine Geschichte mit literarischen Zitaten, aber auch mit Anspielungen auf Persönlichkeiten aus unserer Zeit. Wer abends im Bett ein Buch lesen, aber keine hochkomplexen Themen erörtern möchte, sollte eher nicht zu diesem Buch greifen.