Dass Prometheus von der Polizei wegen seiner Studie gesucht wird, hatte ich mir gedacht. Aber ich dachte, dass einfach etwas schief gelaufen sei oder aber, dass Prometheus aktive Sterbehilfe geleistet hätte (was zwar immer noch möglich ist). Dass er seine Studie manipuliert, hätte ich eigentlich nicht gedacht. Für mich ist klar, dass sein vordergründiges Motiv Verzweiflung wegen Jakob war. Statusverlust auch, aber nicht im selbem Masse. Er will nicht wahrhaben, dass seine Studie nicht so ganz aufgehen wird. Und dass somit Jakob mehr als nur gefährdet ist. Denn selbst wenn insbesondere der Faktor Zeit eine Rolle spielt bei seinem Ansatz… ist das ein Killerkriterium für die Studie (wird er es auf Olga abwälzen wollen? Erst ihre Idee klauen und dann wieder zurückkrebsen würde mich jetzt nicht sehr wundern). Denn genau Zeit ist etwas, was Krebspatienten nicht zu verlieren haben. Ich frage mich, weshalb plötzlich seine Eltern eine Rolle spielen - er will sie stolz machen. Diesen Faktor hatte ich offenbar unterschätzt. Dass Miriam erfolgreicher ist, stört ihn auch, wundert mich jetzt aber von ihm nicht. Damit ist er auch nicht der einzige Mann auf der Welt ;-)
Helle und Aslaug finde ich spannend. (Aslaug eigentlich spannender als Helle. Denn Helle wirkt sehr, sehr harmlos. Fast schon etwas zu nett. Gleichwohl scheint es sie als Schlichterin zu brauchen. Sie sieht besser, wie man eine Situation auffangen kann.) Kann sein, dass Prometheus bei den Frauen ein Stück weit Ruhe sucht, andererseits geht ihm Aslaug auf den Wecker. Ich behaupte, er spürt, dass er die Konfrontation, den Tritt und diese Strenge braucht und geht auch deshalb nicht weg. Er könnte jederzeit verschwinden, tut es aber nicht.
Für mich absolut schlüssig: er hat im Grunde einen sehr ähnlichen Zugang zur Natur. Auf den ersten Blick scheint das vielleicht nicht so, denn diesen bewussten mystischen Zugang, den die Frauen leben und zelebrieren, hat er nicht. Aber er nimmt die Natur eigentlich genauso wahr. Nicht analytisch, sondern geheimnisvoll und eigentlich schon geisterhaft. Prometheus hat zwei Seiten: die oberflächliche lebt er, die unbewusste hat er jahrelang unter dem Deckel gehalten. Und die bricht in seiner Krise durch.
Was die Klammern betrifft: sie haben mich im ersten Moment gestört. Für mich ist es ein stilistischer Bruch, der für mich etwas nach Zugeständnis und Abkürzung schmeckt. Man gewöhnt sich daran, aber so richtig toll finde ich es nicht.
Die bildhafte Erzählweise gefällt auch im zweiten Teil sehr gut. Besonders schön einige Sätze im ersten Abschnitt auf Seite 96. Insbesondere: “ein tristes Aquarell, das mit Schmutzwasser gemalt worden war, welches nach dem Pinselauswaschen im Glas übrig bleibt - gräulich trüb, entsättigt.”
Ich bin gespannt, wie es weitergeht…