Fanny Meine Gedanken: Im ersten Teil ist es Naomi, im zweiten Teil Juval, der ein Geheimnis mit sich herumträgt. Dieses Ehepaar hat deutliche Schwierigkeiten mit einer offenen und ehrlichen Gesprächskultur – eine tragische Ausgangslage für das gemeinsame Kind Uri, das unter diesen Umständen heranwächst. Auch Liam, der zweite Fall der Psychologin Noga, dominiert seine Mutter, die ihm wenig entgegensetzt. Kinder spüren intuitiv, wenn in der Familie etwas nicht stimmt – und loten ihre Freiräume entsprechend aus.
Die Episode rund um die Sozialen Medien führt uns vor Augen, wie erschreckend real und zugleich verstörend inszeniert diese Welt sein kann. Die Wahrheit tritt in den Hintergrund. Hauptsache, alles ist „geil und mega!“ – eine Scheinwelt entsteht. Was davon tatsächlich bleibt, ist ungewiss.
Die Autorin versteht es handwerklich meisterhaft, überraschende Wendungen in ihre Romane einzubauen. Besonders eindrücklich das Zitat: „Sie hatte das Kind zur Therapie gebracht, in dem Wunsch, dass jemand sich ihrer annahm.“
Meine Meinung: Das Buch zeigt erschreckend deutlich, was passiert, wenn Eltern ihre Verantwortung nicht wahrnehmen können. Ohne Orientierung, Halt und ein offenes Gegenüber geraten Kinder ins emotionale Abseits. Das ist nicht nur ein familiäres, sondern ein gesellschaftliches Problem – denn die Qualität von Erziehung prägt die Welt von morgen.