Fanny
Für mich war der Einstieg ein wenig holprig, weil der Schreibstil sehr nüchtern war und ich mich erstmal mit den Namen zurechtfinden musste. Dann kam ich sehr schnell in den Leseflow. Mir gefällt der nüchterne Schreibstil bei dem Thema eigentlich ganz gut. Bezüglich der bisherigen Protagonistinnen wirkt Jiun etwas “weicher” auf mich, ebenso ihr Ehemann.
Teilweise weiß man nicht so recht, was gemeint ist mit den “Comminuties”: Ist „Hello Baby“ eine Art Facebook-Gruppe, also unabhängig von der Klinik, oder werden diese Gruppen, wie es auch den Anschein hat an ein oder zwei Stellen, von der Klinik organisiert?
Bezüglich der medizinischen Darstellungen bin ich leider enttäuscht über die vielen kleinen Fehler und Ungenauigkeiten. Es wird beispielsweise mehrfach von „natürlicher Geburt“ über 40 gesprochen, wenn doch offenbar „natürliche Empfängnis“ gemeint ist.
Auch beim „Abortivei“ ist man nicht präzise: Erst wird geschrieben, dass der Embryo eben nur „ein großes Haus baut“, also eine Fruchthülle zu sehen ist. Ein Abortivei, auch “Windei” genannt, ist per Definitionem ohne Dottersack etc. Etwas später kommt es bei der Protagonistin erneut explizit zu einem “Abortivei”, aber dieses hatte schon einen Dottersack und man konnte die “Beine” sehen, was dann eben kein Abortivei wäre.
Dann wird einmal „Progynova“ namentlich als Medikament genannt, aber in dem Zusammenhang vermutlich mit „Progesteron“ verwechselt, Progynova ist aber ein Östrogen (Estradiol). Naja und das mit dem Progesteron-Spritzen (?) und dass sie so weh tun…. Ich hatte die auch wochenlang und wenn man das richtig spritzt, dann tut es nicht mehr weh als eine beliebige andere Spritze - egal ob subkutan oder wie im Buch intramuskulär.
Beim Embryo-Transfer sieht man auf dem Ultraschall nicht die Embryonen, sondern nur die Luftbläschen im Katheter, denn die Embryonen sind zu klein für den Ultraschall und mit bloßem Auge nicht sichtbar. Die Bilder, auf denen ein Embryo wie ein Schneemann aussieht (der Arzt überreicht ihr ein “Ultraschallfoto”), sind keine Ultraschall-Bilder, sondern Aufnahmen vom Mikroskop vor dem Transfer.
Sorry, Klugsch…Modus aus, aber das wirkt einfach unstimmig. Ansonsten finde ich die Mischung an Emotionen, mit der das Thema beschrieben wird, ganz interessant. Einerseits recht anrührend und emotional, wie man auch an diesem Satz mit den Babys, die so kleine Füße haben und darum länger brauchen, um zu einem zu kommen, sieht. Andererseits das kalte Prozedere. Die Männer sind im Roman eher eine Randerscheinung bis jetzt. Ich bin noch nicht ganz warm geworden, lese aber gerne weiter!
Rund um die Umgebung: Diese wirkt eher kinderfeindlich. Nicht nur das Kinderbekommen ist eine Herausforderung, auch dass Kinder"haben" wird es vermutlich sein. Am eindrücklichsten wird dies ja in dieser Büro-Mobbing-Chatgruppe. Spannend finde ich auch, dass die einzigen Kinder im Buch, so wie ich mich jetzt erinnere, Störfaktoren sind - so beispielsweise der Junge, der beinnahe diesen Stickstoffzylinder umrennt.