Liebe Alle
Die Bücher trudeln schon fleissig ein. Gut zu hören. Vielleicht gebe ich noch ein kleines Intro um jenen den Einstieg zu erleichtern, welche sich noch nicht so gut in jener Zeit auskennen.
Das damalige russische Kaiserreich wird schon seit hunderten Jahre von der Familie Romanow (und deren Ablegern) als Monarchie regiert. Das Zarenreich erstreckte sich zum Zeitpunkt des Buches über die heutigen baltischen Staaten, Belarus, Ukraine, Moldau, Finnland, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und Teile von Polen. Ein riesiger Vielvölkerstaat der in Europa mit dem deutschen Kaiserreich, Grossbritannien, Österreich-Ungarn und Frankreich um die Hegemonie (politische Vorherrschaft) konkurriert. Zum Zeitpunkt um 1900 hat das Zarenreich aber den ökonomischen und technischen Anschluss an seine Konkurrenten verloren. Die Industrialisierung ist lange nicht so weit fortgeschritten wie in allen anderen oben genannten Konkurrenten. Das ländliche Russland ist arm, bäuerlich geprägt und weit abgeschlagen von technischem Fortschritt.
Die besten Jahre des Zarenreiches sind vorbei. Eine peinliche Kriegsniederlage gegen Japan im Jahre 1904/5 und revolutionäre Unruhen die 1905 gipfeln, geben dem Reich noch nicht den Rest. Aber alle europäischen Mächte sind sich der Schwäche des Reiches und Nikolaus des 2ten bewusst. Das Zarenreich verwehrt sich sozialen Fortschritten, die in den übrigen Ländern Europas zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen. Politische Teilhabe der Bevölkerung verwehrt. Die Unruhen des Jahres 1905 werden immer wieder im Buch erwähnt. Sie sind als traumatisches Ereignis fest in Zar, Regierung und Bevölkerung eingebrannt. Damals wurden Proteste blutig niedergeschlagen und es folgten noch jahrelang Verfolgungen.
Fast alle europäischen Monarchien sind verwandtschaftlich verbunden. Zar Nikolaus der 2te (der aus unserem Buch) ist der Cousin seiner beiden «Amtskollegen» in Deutschland und Grossbritannien. Das tut ihrem Konkurrenzkampf aber keinen Abbruch. Alle Monarchien sind in einen Kampf um Macht, Reichtum, Kolonien und Geltung verwickelt. Über mehrere Jahrzehnte gibt es unterschiedliche Machtblöcke. Das Zarenreich bindet sich aber in den Nullerjahren des anbrechenden Jahrhunderts an Frankreich, Grossbritannien und auch Serbien. Was dann 1914 den ersten Weltkrieg gegen die auf der Gegenseite untereinander Verbündeten Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn vom Zaum bricht.
Zum Zeitpunkt des Buches tobt der erste Weltkrieg nun seit fast zweieinhalb Jahren. Im Westen des Reiches sind grosse Gebiete von Deutschland und Österreich-Ungarn besetzt. Enorme Verluste, Versorgungsengpässe und die Zusammenbrechende Moral unter den massenhaft Meuternden Soldaten lassen offen wie lange das Zarenreich noch im Krieg sein wird. Das Reich ist ökonomisch am Ende was auch und vor allem die Zivilbevölkerung schmerzhaft zu spüren bekommt.
Politisch ist das Zarenreich des Jahres 1917 eine Monarchie. Das heisst sehr vereinfacht: Alle Macht ist beim Zaren gebündelt. Er kann nach gut dünken Minister absetzen und einstellen. Das Parlament (genannt Duma) auflösen, Neuwahlen anberaumen oder Gesetze ändern. Alle vermeintlich Demokratischen Elemente, die wir beim Lesen erkennen können, sind daher mit Vorsicht zu geniessen. Es gibt ein Parlament, Parteien, Minister, Debatten und Wahlen. Schlussendlich sind dies aber alles besänftigende Zugeständnisse, die vor allem im täglichen Geschäft Entscheidungen treffen sollen. Die schlussendliche Macht bleibt jedoch bei wenigen Entscheidungsträgern gebündelt. Das Wahlrecht beschränkt sich damals auf eine sehr kleine männliche Elite. Grossen Einfluss als politische Strömung haben damals die sogenannten Liberalen. Damit sind verschiedene Meinungsspektren eingeschlossen, welche sich für die Freiheit des Einzelnen einsetzen. Die liberalen stellen die Machtverhältnisse der Monarchie in unterschiedlicher Ausprägung in die Frage und stehen für freie Marktwirtschaft, Wettbewerb und Technologischen Fortschritt. Auf dem eher linken Spektrum befinden sich die Sozialrevolutionäre, die Arbeiterpartei sowie die Bolschewiki/Menschewiki. Welche die Monarchie kritisieren sich aber sehr vorsichtig verhalten müssen. Aber allgemein ist es schwierig sich im damaligen Parteiensystem zurechtzufinden. Es gibt viele Splittergruppen, Interessengruppen mit unterschiedlich grossem Einfluss. Auch dies wird im Buch beschrieben.
Weder erklärt noch eingeführt werden die Kosaken. Damit ist ein Reitervolk gemeint, welches aus den Steppen Osteuropas kommt und dort in Dörfern oder kleinen Siedlungen lebt. Es verfügt über eigene Traditionen und Kulturen. Viele Kosaken verdienen sich als Leibeigene oder Söldner in den Diensten des Zaren. Sie sind militärisch ausgebildet, durch ihre Kleidung und Bewaffnung furchteinflössend und beritten immer auf Pferden oder den für sie typischen kleineren Steppenpferden unterwegs. Von diesen Kosaken-Formationen und deren wechselhafter Loyalität werden wir ebenfalls lesen.
So. Jetzt halte ich aber mal die Füsse still und bin gespannt auf eure ersten Leseeindrücke ab Freitag. 🤓