Das Kapitel IV war wirklich ein grässlicher Abschnitt. Der Vertrauensbruch von JB finde ich massiv, ich könnte ihm wohl auch nicht verzeihen. Judes Antwort an JB auf die Frage, ob er ihm verzeihen könne, bringt es auf den Punkt: „Ich kann es nicht. Ich kann dich nicht ansehen, ohne zu sehen wie du - “ (S. 387/388)
Die Schilderungen über die Empfindungen, die Jude beim Sex durchlebt, haben mir selbst beinahe Übelkeit verursacht. Die Beschreibung, dass Jude einerseits einen solchen Widerwillen gegen Sex verspürt und sich gleichzeitig nach Berührungen und Nähe sehnt, finde ich so unglaublich traurig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dieses Dilemma überwinden mit den Erfahrungen, die er gemacht hat. Und Jude sagt selbst: „Keinen Sex zu haben ist einer der Vorzüge des Erwachsenseins“ (S 406). Und dann überwindet er sich trotzdem zu einer Beziehung und gerät erneut an ein Arschloch, das ihn fast umbringt. Als ich verstand, dass der Suizidversuch missglückt ist, wusste ich nicht, was ich empfinden sollte: Einerseits war ich erleichtert, dass es nicht geklappt hat. Andererseits hätte ich es ihm gegönnt, wenn er dieses ganze elende Leben hätte hinter sich lassen können.
Auf S. 555 bin ich auf den Satz gestossen, aus dem die Autorin den Titel des Buchs entnommen hat. Ich hatte soooo gehofft, dass der Buchtitel einen positiven Aspekt der Geschichte aufgreift, aber das war wohl ein naiver Wunsch von mir. Von jemandem, der vergewaltigt wird, etwas mehr Freude und Aktivität zu verlangen, ist unglaublich erniedrigend und bösartig. Diese Stelle zu lesen hat mich geschmerzt.
Meine Empfindungen Jude gegenüber sind ambivalent. Einerseits habe ich ihn gedanklich immer mal wieder angebrüllt, dass er sich doch endlich mal wehren, zurückschlagen soll. Seine Passivität hat mich beinahe verrückt gemacht.
Er tut mir einerseits wahnsinnig leid. Es schmerzt, über seinen körperlichen und seelischen Schmerz zu lesen. Sein Leid scheint nicht enden zu wollen, immer wieder gerät er in die selben erniedrigenden und ausbeuterischen Situationen. Es wundert nicht, dass er kein Selbstwertgefühl hat und glaubt, all diese schrecklichen Dinge zu verdienen.
Der Titel des nächsten Kapitels klingt vielversprechend. Aber vermutlich fällt es nicht so positiv aus, wie ich es mir erhoffe…