Ein Roman über Tod und Verlust, Schuldgefühle und einen Neuanfang. Roisin Maguire schlüpft in die Rolle der allwissenden Erzählerin und wechselt in ihrem Roman «Mitternachtsschwimmer» die Perspektiven zwischen Evan und Grace. Evan ist Familienvater, dessen Leben in tragische Schieflage geraten ist. Daheim fühlt er sich zunehmend unerwünscht und so beschliesst er, eine Woche an einem kleinen Ort an der irischen Küste zu verbringen. Grace, die Vermieterin seines Air B’n’B, wiederum gilt als verschroben und exzentrisch. Kaum ist Evan in Ballybrady angekommen, wird der erste Lockdown verkündet und aus der geplanten Woche werden mehrere Monate, während derer er Hoffnung zu schöpfen wagt.
Mir gefielen die kantigen Dorfbewohner, wie Maguire eine alles andere als heile und trotzdem hoffnungsvolle Miniatur-Welt erschafft, die Beschreibungen des Meeres und seiner Wirkung und wie nüchtern die Autorin sich dem Thema Familie und Identität annähert. Denn Evan wusste ganz genau, wer er war – bevor er Vater wurde. Seither hat er sich bemüht, ein guter Vater zu sein, hat beruflich viel Verantwortung geschultert – und sich immer mehr selbst aus den Augen verloren. (Das gilt genauso für Frauen/Mütter, aber hier geht es nun mal um den Vater ;-)) Er darf in diesem Roman Gefühle zeigen, überfordert, wütend, verzweifelt sein, auch das gefiel mir.
Die Lektüre von «Mitternachtsschwimmer» tut gut, ist über weite Strecken entschleunigend und immer ermutigend und gegen Ende wird es dann nochmal richtig spannend!
Aus dem Englischen übersetzt von Andrea O’Brien.