Fanny
Lesewoche 1
Da wäre noch meine Meinung (separat zu den Antworten) und schon mal “Entschuldigung” für den langen Text 🙈, aber ich konnte nicht anders 😅:
Nach den ersten Kapiteln von The Reappearance of Rachel Price bin ich gespannt, wie sich die Geschichte entwickeln wird, auch wenn ich mich noch etwas an Holly Jacksons Schreibstil gewöhnen muss. Das erste Kapitel, in dem Bel von einem Dokumentarteam interviewt wird, hat mir gut gefallen. Es beschreibt sehr treffend, wie unangenehm und surreal solche Aufnahmen für die Beteiligten sein können, und so habe ich es mir immer gedacht, wie so etwas im Hintergrund ablaufen würde. Was mir weniger gefallen hat, war der Cliffhanger. Es war für mich ziemlich offensichtlich, dass es nicht die Mutter war, die da auftauchte – ein Versuch, die Leser*innen in die Irre zu führen, der sich für mich etwas zu banal anfühlte. Trotzdem, eine solide Einleitung, auch wenn sie mich nicht vollständig umgehauen hat.
Und da wäre noch die Szene, als Bel und ihr Vater auf die Stiefmutter treffen. Auch hier ging die Handlung einen vorhersehbaren Weg – die Stiefmutter ist überzeugt, dass der Vater ihre Mutter getötet hat. Das ist eine Richtung, die man auch im echten Leben vermuten könnte. Besonders interessant fand ich jedoch, wie sich Bels aufgestaute Emotionen in Form von Diebstahl entladen. Ich bin neugierig, wie Holly Jackson dieses Verhalten in der weiteren Handlung entwickelt.
Die folgenden Kapitel konzentrierten sich auf die Vorstellung der Familie und das Wiedersehen mit verschiedenen Charakteren. Hier fühlte sich die Handlung ein wenig abgespalten an. Zuerst die Einführung in die Dokumentation, dann der Vater, die „Gegenspielerin“ in Form der Stiefmutter und schliesslich die beste Freundin/Cousine sowie der Rest der Familie. Diese Einführung wirkte auf mich recht abgehakt, auch wenn ich die Beschreibungen der Familienmitglieder mochte – ohne genau sagen zu können, warum. Was mich störte, war, dass es sehr offensichtlich schien, dass diese Familie eine tickende Zeitbombe ist und die Probleme sich noch verschärfen werden.
Ein Aspekt, den ich besonders realistisch fand, war die Darstellung von Bels Gefühlen im Zusammenhang mit der Schule. Es wirkt authentisch, dass ihre Mitschüler sie meiden, gerade weil ihr Vater als Mörder abgestempelt wird. Diese Ablehnung und das oberflächliche Interesse der Mitschüler, die nur wegen des Dokumentarfilms Kontakt suchen, fühlten sich glaubwürdig an.
Was die Beziehung zwischen Bel und Ash angeht, bin ich noch unentschlossen. Es erinnert mich an ähnliche Dynamiken in anderen Büchern, wo die Bekanntschaft aus Zufall entsteht und der Hauptcharakter zunächst keine ‘netten’ Gefühle entwickelt, die sich aber später ändern. Ich finde Ash als Charakter amüsant, aber die Interaktionen zwischen ihm und Bel wirken auf mich etwas nervig.
Und dann taucht Rachel plötzlich auf. Hier habe ich gemischte Gefühle. Es gibt einige Punkte, die mich stören, zum Beispiel die überdeutliche Reaktion des Vaters. Erst sagt er vor der Kamera, er würde Rachel sofort in die Arme schliessen – und dann, als sie tatsächlich auftaucht, verhält er sich kalt und abweisend. Das war für meinen Geschmack zu vorhersehbar. Auf der anderen Seite konnte ich gut nachvollziehen, wie Bel mit der ganzen Situation umgeht. Es gibt kein richtiges Skript, wie man sich fühlt, wenn die eigene verschwundene Mutter plötzlich wieder auftaucht, und ich konnte mit ihr mitfühlen, wie all die verdrängten Emotionen wieder hochkommen. Gleichzeitig wirkte es auf mich etwas frustrierend, dass auch Bel nicht offen mit ihrer Mutter spricht, sondern die Konfrontation vermeidet und vieles verdrängt – ähnlich wie ihr Vater.
Insgesamt hinterlässt die Handlung bisher einen spannenden Eindruck, aber ich muss mich noch an den Schreibstil von Holly Jackson gewöhnen. Obwohl ich detaillierte Beschreibungen oft mag, habe ich hier manchmal das Gefühl, dass sie zu viel vorgibt und wenig Raum für eigene Vorstellungskraft lässt. Bei den Charakteren fand ich die detaillierte Darstellung gut, aber die Beschreibungen von Szenen und Orten waren mir etwas zu viel.
Vielleicht liegt es daran, dass ich schon viele Krimis und Thriller gelesen oder gesehen habe, aber ich habe jetzt schon einige Vermutungen, wie sich die Handlung entwickeln könnte. Ich habe mir sogar ein paar Notizen gemacht, um zu sehen, ob ich richtig liege – hoffentlich werde ich überrascht und es bleibt nicht allzu vorhersehbar.
Insgesamt ein solider Anfang, auch wenn die Geschichte bisher nicht so packend ist (spannend ist sie bis jetzt auf eine Weise, aber nicht so als würde ich auf den Zehenspitzen stehen), wie ich es nach all den positiven Stimmen zu Holly Jackson erwartet hatte. Der Titel in der deutschen Ausgabe wurde beibehalten, was ich interessant fand. Bei Übersetzungen werden Titel oft verändert, daher hat mir dieser Ansatz gut gefallen.