Wenn jemand eine Inkongruenz zwischen seinem biologischen Geschlecht und seinem inneren Selbstempfinden erlebt, woran entscheidet sich dann, wer er ist - und warum?" (S. 25)
Um dieser brisanten Frage auf den Grund zu gehen, verfolgt der Autor verschiedene Spuren: Zunächst nimmt er eine gründliche Auslegeordnung zu Begriffen rund um trans* vor. Er erforscht, was die Bibel zum geschlechtlichen Körper und der Geschlechtsidentität sagt, recherchiert aber auch, ob z.B. das Gefühl des ‘weiblichen Wesens im männlichen Körper’ (und umgekehrt) neurologische Ursachen haben kann. Nicht zuletzt erzählt er von Menschen in seinem Bekanntenkreis, die trans* sind, nicht als “Fallbeispiele” oder “Beweise”, sondern um ihr Erleben zu verstehen und von ihnen zu lernen. So geht er zum Schluss auch auf Fragen ein, die immer relevanter werden: Welche Pronomen soll ein bibeltreuer Christ für seine trans* Mitmenschen verwenden? Brauchen Kirchen Toiletten für Nonbinäre? Wo schlafen trans* Jugendliche auf christlichen Freizeiten?
Sprachlich ist der Text gut verständlich, klar und in sachlichem Ton verfasst, was mir ein angenehm zügiges Lesetempo ermöglicht hat. Zu erwähnen ist, dass der Autor bewusst gendert, d.h. im Text tauchen nicht nur die berühmten Sternchen, sondern auch sog. Neopronomen auf. Obwohl ich persönlich immer eine kritische Haltung zum Gendern hatte, habe ich mich schnell daran gewöhnt und konnte durch die Lektüre eine neue Perspektive auf die Debatte gewinnen.
Der Fall ist klar: fünf Sterne! Für den lehrreichen Inhalt, die differenzierte Argumentation und den biblisch fundierten Zugang. Aber auch und vor allem für den konstruktiven, liebevollen Grundton und für das Leseerlebnis an sich - anregend, ermutigend und challenging! Werde ich bestimmt noch mehrmals empfehlen und wohl auch selbst mal wieder hineinblättern.