Als Robert neu ist an der Schule, ist es Friederika aus der Parallelklasse, die ihn mit allem Wichtigen bekannt macht. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, doch für Frie nur eine Freundschaft, mit der man über alles und jeden reden kann. So trennen sich vorerst ihre Wege, bis sie sich nach wenigen Jahren wiederbegegnen - jeder mit noch ungewohnter Verantwortung und mit vielen unerfüllten Träumen im Kopf. So müssen erst weitere 20 Jahre verstreichen, bis sie die Einladung zum Klassentreffen nutzen, sich wiederzusehen.
Eigentlich eine ganz banale Story, aber Julia Karnick versteht es, diese Geschichte sehr realistisch, sehr bildhaft und mit Tiefgang zu erzählen. Diese drei unterschiedlichen Lebensabschnitte von Frie und Robert skizziert sie mit einer genauen Beobachtungsgabe … was bewegt Menschen in diesem Alter am meisten? Was war angesagt in den 80ern, in den 90ern? Was hieß es damals, ein Studium anzustreben oder eher eine Ausbildung zu beginnen? Was hieß es, in den Nullerjahren alleinerziehend zu sein? Welche Fragen stellt sich ein Mensch, wenn er auf die 50 zugeht? Welche Ängste, welche Sorgen hat er und über wie viel Lebenserfahrung verfügt er in diesem Alter? All das fasst die Autorin sehr einfühlsam in diesem Buch zusammen und gerade der Leser mit einem ähnlichen Geburtsjahr wie die Hauptfiguren findet sich an der einen oder anderen Stelle im Buch wieder.
Robert ist für mich von Anfang an ein sehr reifer Mensch, der beobachtet und sich aufgrund seiner Erfahrungen in der Musik und bei der Pflege seiner Mutter und auch der jahrelangen Verbundenheit mit Herrn Selk oftmals eher zurückhält als vorschnell handelt. Nachdenklich macht zum Beispiel seine Einstellung “Wenn ich eine Frage stelle, kann ich dann mit der Antwort leben?” Das mag auch der Grund sein, warum erst so viel Zeit vergehen muss, bis sich der Weg zu Frie tatsächlich lohnt. Frie ist eher diejenige, die schneller etwas sagt oder tut, als erst einmal nachzudenken. Erst mit Anfang 50 und den ersten gemeinsamen Tagen mit Robert kommt bei ihr die Frage auf “Was will ich überhaupt von Robert? Was mache ich hier?” Diese Leichtfüßigkeit trägt den Leser gut durchs Buch, aber manchmal macht es Frie unsympathisch. Ich kann sehr gut mit dem Ende des Buches leben, aber vor allem wünsche ich Robert, dass er seinen Frieden finden möge.