DrQuinzel
Ich bin sehr gut in die Geschichte hineingekommen. Es ist sehr flüssig geschrieben und ich wurde sofort in den Bann gezogen, so dass die ersten hundert Seiten nur so verflogen sind.
Angenehm empfinde ich die Art, wie Aichinger die Dialoge darstellt - ich habe das Gefühl, beim Gespräch dabei zu sein.
Yoko ist keine Asiatin und in welcher Stadt/ Gegend die Geschichte genau spielt ist nicht bekannt - eher ungewöhnlich. Aber es zeigt, so eine Geschichte, kann überall stattfinden. Aber eine gewissen asiatische Vorliebe muss es geben, denn sie würde doch allzu gern das Land von der Restaurantangestellten Lin kennenlernen. Und die Beschreibung von ihrem Blumentattoo erinnert mich an Kirschblüten und Fujiyama.
Die Rückblicke in die Vergangenheit Yokos sind manchmal überraschend und sie erschliessen sich teils erst nach den einigen Sätzen im neuen Kapitel, aber dies ist für mich nicht weiter schlimm.
Das Yoko von ihrem Vater missbraucht wurde, kam auch sehr überraschend und war sehr irritierend, wo sie doch nur Gutes über ihn erzählt hat. Diesbezgl. stellt sich für mich die Frage, ob Richard, als alter Freund des Vaters, nicht sogar daran beteiligt war oder zu mindestens darüber Bescheid wusste (durch den Vater selber) und nur Yoko gegenüber die Ereignisse als unmöglich abtut.
Das Yoko nicht zur Polizei geht ist darum nachvollziehbar - schliesslich wollte ihr nach der 1. Vergewaltigung auch keiner helfen. Auch wenn ich glaube, dass sie die Entscheidung, nicht zu Polizei zu gehen, ohne diese Erinnerung getroffen hat, da sie diese Ereignisse soweit vergraben hatte in ihrem Gedächtnis, dass sie zum Zeitpunkt der neuen Vergewaltigung gar nicht präsent waren.
Der Mord mit dem Messer an Tong Feng ist für mich plausibel. Sie begeht ihn fokussiert auf ihr eigenes Überleben. Das Tong Feng nicht geschossen hat - er war zu selbstherrlich bei dem Gedanken, Yoko gegenüber ein 2. Mal überlegen zu sein und war dadurch unvorsichtig.
Überraschend war für mich, dass sie nach dem Mord in der Wohnung von Feng geduscht hat und damit ihre DNA möglicherweise am Handtuch hinterlassen hat. Für die asiatische Mafia, welche sicherlich beste Beziehungen zu Teilen des Polizeiapparates hat, könnte dies ein leichtes sein, herauszufinden, wem diese gehören.
Generell ist Selbstjustiz und die Frage nach der Rechtfertigung schwer zu beantworten. Ich frage mich nur, was ich tun würde, wenn ich in dieser Situation wäre (direkt selbst betroffen oder in der unmittelbaren Familie).
Bzgl. dem weiteren Verlauf - sie wird wohl immer wieder hadern, ob sie mit dieser Rache auch dem richtigen Weg ist. Wie wird sie wohl reagieren, wenn sich die Chinesen rächen und dann unter Umständen sich die Familie/Freunde von Yoko vornehmen, um sie in die Enge zu treiben.
Es bleibt spannend abzuwarten und ich freue mich auf die nächste 100 Seiten. 🙂