DrQuinzel
Ich fand, dadurch, dass Bea sich am Ende mit der Situation anfreunden konnte und möglicherweise sogar zufrieden war, kann man gut mit dem Buch abschliessen. Für mich persönlich ist es nicht unbedingt ein “Happy End”, aber ein realistisches, passendes Ende. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Bea am Ende nicht mehr versucht hat, die Scheidung aufzuhalten oder an ihrem alten Leben festzuhalten, sondern dass sie für sich einen Weg gefunden hat, ein eigenes, neues Leben zu führen.
Ich finde die ganze Situation ist für die Kinder recht belastend und es ist krass, wie stark sie eigentlich miteinbezogen wurden. Die Loyalitätskonflikte v.a. von Alma werden mit der Zeit auch aufgedeckt, und das kann sehr belastend sein. Sie möchte sich ja nicht offen gegen Bea aussprechen, da sie eine Art Eltern-Rolle ihr gegenüber eingenommen hat und ihr nicht wehtun will, aber es scheint auch klar, dass sie (verständlicherweise) gar nicht so viel Verantwortung ihrer Mutter gegenüber haben möchte. Es war auch spannend zu sehen, dass es Bea gar nicht klar war, wie sehr sie Alma damit belastet und dass sie das gar nicht gewollt hat. Ich glaube, am Ende sind die Mädchen mit der Situation auch glücklich und v.a. Alma scheint sich weniger Sorgen um ihre Mutter machen zu müssen.
Ich denke, Bea scheint sich mit ihrem neuen Leben angefreundet zu haben und wird auch lernen, selbständig zu werden. Es wird sicher Zeiten geben, in denen sie sich ihr altes Leben zurückwünscht, aber ich denke, es tut ihr gut endlich unabhängig von anderen zu sein und ihr Leben selbst zu gestalten, wie sie möchte. Bei Niklas bin ich etwas skeptisch. Für mich ist es beim Lesen eher so rübergekommen, dass er sich in das verliebt hat, was Maria verkörpert (Freiheit, auf sich selbst hören, nicht immer Normen befolgen usw.) und nicht in Maria als Person. Es gibt zwar vereinzelte Szenen, in der er auf sie als Person eingeht und auch sagt, wie viel Freude sie ihm bereitet, jedoch bin ich mir nicht ganz sicher, ob es nicht doch die Idee ist, die sie verkörpert, an dem er festhält. Die Ehe und die Umstände dieser Ehe waren für Niklas sicherlich nicht gut und nicht gesund, und die Scheidung von Bea waren wohl auch besser für ihn. Ich bin mir einfach nicht sicher, ob Maria wirklich die ideale Lösung ist, oder ob er sich nicht doch zuerst selbst finden sollte. Aber das sind natürlich nur Spekulationen. In den letzten Szenen des Buches scheint er ja sehr glücklich mit Maria und seinen Kindern zu sein.
Mit der Geschichte um Niklas und Jacob habe ich so nicht gerechnet, auch wenn Niklas angedeutet hatte, dass sie am Ende gar keine Freunde mehr waren. Es verdeutlicht aber erneut, wie viel Druck und Schuldgefühle auf Niklas lasteten, und dass Niklas Bea wohl nicht unbedingt aus Liebe heraus geheiratet hat. Ich finde, durch die Geschichte versteht man, warum Niklas unbedingt versucht, es Bea recht zu machen, da er sich selbst die Schuld für den Tod ihres Bruders gibt und dass sie jetzt alleine ist.
Allgemein fand ich das Buch sehr interessant und die beiden (kontrastierenden) Perspektiven waren sehr spannend nachzuverfolgen. Zum Teil war es tatsächlich etwas unangenehm, die Auseinandersetzungen mitzuverfolgen, aber es war meiner Meinung nach sehr realistisch und nachvollziehbar geschrieben.
Vielen Dank, dass ich Teil der Leserunde sein durfte, ich fand es eine wirklich interessante Erfahrung und ein sehr gutes Buch. Ich werde mich sicherlich wieder einmal für eine Leserunde bewerben 🙂