Im dritten Teil werden die Fäden der Familie Sander und von Pastor Lehmann noch einmal weitergesponnen. Fast wie Seemannsgarn, jede der Figuren hat für mich fast ein bisschen etwas von einem Legendencharakter, leicht überzeichnet. Nur gibt es nicht wie in Legenden ein glanzvolles Ende, es bleibt vieles noch offen und lose. Es zeigt nur den Ansatz einer möglichen Veränderung auf.
Aber es klingt zumindest etwas leicht Versöhnliches mit. Ryckmer findet eine Art Frieden bei den Seebestattungen und schliesslich auch eine Freundin. Die Bestattungen sind mehrheitlich für Menschen vom Festland und die Freundin war regelmässig im Urlaub auf der Insel, nimmt sie anders wahr als Ryckmer. Eine Annäherung.
Freya, die Freundin von Eske kommt zum ersten Mal auf die Insel. Sie mag nicht alles da, ist aber offen und möchte einfach Zeit gemeinsam mit Eske verbringen. Auch sie bewirkt eine Art Annäherung der ‘feindlichen’ Lager, sieht das Touristische als nicht gar so schlimm, kann vermitteln. Am Ende bin ich aber doch nicht sicher, ob Eske diese Freundschaft weiterführen möchte. Es bleibt unklar. Vielleicht mit Absicht.
Auch werden die Touristen hier oft als tollpatschig und rücksichtslos dargestellt und anfänglich hatte ich tatsächlich wenig Sympathien mit ihnen. Aber das liegt sicher nicht nur an den Touristen, sie werden zum Teil eben in diese Rolle gedrängt, sie und die Zugewanderten, und eine Veränderung kann meiner Meinung nach nur zusammen bewirkt werden.
Jens findet einen Weg zurück in sein Heim und Hanne kann das zulassen. Keine grosse Annäherung, aber eine solide Koexistenz. Ich mochte Jens, Hanne ist mir fremd geblieben, ihre Wut habe ich nicht verstanden. Sie hatte das Inselleben gewählt, einen Seemann geheiratet und ihm dieses Leben dann immer vorgeworfen, die Urlauber ins Haus geholt u.s.w. Irgendwo stand, sie hätte eigentlich wegfahren sollen und Jens zuhause bleiben. Ich weiss gerade nicht mehr, an welcher Stelle das war. Einen Weg in die Veränderung zu finden ist natürlich immer schwierig, die Rollenbilder in den Köpfen sind stark.
Der einzige der bei diesen leicht versöhnlicheren Tönen buchstäblich untergeht ist Hendrik, der einzige der glücklich mit dem Meer lebte. Und das lässt mich ziemlich ratlos zurück. Zumal das Gedicht am Anfang des Buches genau darauf gemünzt ist. Also muss es eine Bedeutung haben, aber ich sehe sie leider nicht. Vielleicht hat ja jemand von euch eine Idee? @ENIF vielleicht?
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Die Figuren sind schön gezeichnet, nur manchmal leicht übertrieben, vermutlich als Stilmittel. Auch die Sprache gefiel mir. Kurze prägnante Sätze wie schwungvolle Pinselstriche. Der Inhalt zwar wehmütig, aber nicht hoffnungslos. Das Meer, gleichmütig, unveränderlich. Das Ende irgendwie unbestimmt und Hendrik … warum nur? Das bleibt mir ein Rätsel.
Ich bin auch immer wieder froh um die Vorschläge und danke dir @Hortensia13 für diese feinen Leserunden! Dörte Hansen werde ich auf jeden Fall im Auge behalten.