Kathrin1014 Das Buch ist leider nicht mein Ding. Ich fürchte, es ist mir zu unfokussiert.
Viele Eindrücke zu den Personen werden wohl nie relevant sein. Gerade der Angriff in der Shopping Mall wird wahrscheinlich nicht so wichtig sein, dass er sich über mehrere Einschübe erstrecken sollte. Ich habe nichts gegen verschachtelte Raum-/Zeit-Handlungsstränge, finde aber dass die Autorin es schlecht gelöst hat. Besonders zu Beginn war zu lange nicht klar, was wann wo warum passiert.
Alle Protagonisten sind mir schrecklich unsympathisch. Deshalb interessiere ich mich schlicht nicht für sie. Ich gehe aber davon aus, dass die Antipathie absichtlich erzielt werden soll. Mit keinem der Protagonisten will ich mich auseinandersetzen. Obwohl ich ebenfalls non-binär bin, kann ich nicht mit Badger sympathisieren. Ich dachte sier sei noch ein Teenager, als “Mom” sier angerufen hat und sier darauf einfach macht, was Mom sagt.
Generell finde ich den Cast viel zu divers, was Gender und sexuelle Ausrichtung angeht, dafür aber fürchterlich weiss (mit 2 Ausnahmen). Ich kenne mich nicht in der Tech-Szene in Kalifornien aus, kann also nicht sagen, ob die Repräsentation gelungen ist. Wir haben hier nur ein hetero-Paar, eine Witwe und einen Single. Auf der LGBTQI+ Seite einen schwulen Witwer, zwei Lesben und Badger. Das scheint selbst mir als queerer Person keine adäquates Repräsentations-Verhältnis zu sein. Es ist zu viel.
Was mich aber bisher am meisten gestört hat, ist die Darstellung der Enochiten. Die Endzeit-Sekte wird vor allem positiv dargestellt. Der Ausstieg schien leicht genug gewesen zu sein, als dass Martha als Tochter des Sektenführers ausschliesslich positiv von ihrem Vater denkt und sehr positiv an diese Zeit zurückdenkt. Ich kenne Aussteiger aus Zeugen Jehovas und Scientology. Diese Leute erzählen selten positiv aus ihrer Sekten-Zeit. Der Ausstieg ist oft so schwierig/traumatisierend, dass negative Gefühle überwiegen. Als nicht-binäre Person bin ich besonders von religiösen Bekannten nach meinem Comming-Out verbal angegangen worden - oder der Kontakt wurde abgebrochen. Ich frage mich daher, wie Martha als Lesbe bei ihren Enochiten aufgenommen wurde, respektive, wie sie keine Schuldgefühle für ihre romantischen Interessen entwickelt hat. Noch heute sehen viele Glaubensgemeinschaften Homosexualität als eine Sünde/ etwas Böses an.
Die Bibel-Neu-Interpretationen haben mich gestört. Sie sind viel zu lang, schlecht verankert und kommen endlos lange nicht auf den Punkt. OneCorn sollte wirklich von den Administratoren gesperrt werden. Sie soll ihre Messages in der Enochiten-Ecke streuen, unter Survival-Strategie hat das nichts zu suchen.
Ich hoffe auch, dass die restlichen Seiten sich weniger auf Sex beziehen. Ja, Menschen haben Sex, aber meist bringt es die Story nicht voran. Ausser wir haben ein Drama, das durch einen Seitensprung ausgelöst wird. Ich denke kaum, dass Sex noch ein wichtiger Story-Punkt wird.
Was mir gefällt, ist der schnörkellose Schreibstil. Daher finde ich es schade, dass die Story nicht straffer editiert ist. Albert Dabrowski ist ein kleines Trostpflaster im Buch. Er scheint ein vernünftiger Mensch zu sein.