Karla kehrt von New York nach Hause in die ländliche Umgebung in Deutschland zurück - die Urne mit der Asche ihrer Schwester Marie mit dabei.
Karla und ihre jüngere Schwester Marie standen sich schon immer gegenseitig am Nächsten. Sie haben alles miteinander geteilt und auch über die grosse Distanz. Durch mehr oder weniger regelmässige Besuche bei Marie hat sie auch deren nähere Umgebung kennengelernt. In häufigen Telefongesprächen haben sie sich über alles ausgetauscht. Karla hat Maries Liebe, Beziehung, Heirat mit Adam, die Scheidung sowie die Zeit danach quasi miterlebt und hat Marie in ihr Leben, ihre Liebesbeziehung zu Max und der Trennung eingeweiht. Sehr unterschiedlich sind die beiden - auch in ihrer Berufswahl. Karla arbeitet in einer kleineren Zeitung als Journalistin und Marie ist Fotografin.
Karla nimmt sich längeren Urlaub, um die Wohnung von Marie zu räumen. Dabei schaut sie sich deren Fotos an und kommt dabei “Welten” auf die Spur, von denen Marie nichts erzählt hat. Fotos, die diese vom Ehepaar, das gegenüber wohnt, gemacht hat - es erinnert ein wenig an “Fenster zum Hof”. Karla fängt selbst an, dieses Paar zu beobachten. Sie hat auch Kontakt mit Maries Freundin Lynn und macht Bekanntschaft mit weiteren Menschen, mit denen Marie mehr oder regelmässig zusammen war. Dabei entdeckt sie so Manches, das Marie verschwiegen hatte.
Mit diesen Berichten flicht die Autorin mehrere Erzählstränge ein und behandelt auch unterschiedliche Themenbereiche.
Gewalt von Männern gegenüber Frauen, die Scham, Schuldgefühle und sich nicht öffnen, Grenzen ziehen oder nicht, nimmt viel Raum ein.
Soziale Verantwortung - Eingreifen oder lieber sich nicht einmischen?
Verlust, das Tabuthema Tod. Wer bin ich nun ohne das Gegenüber.
Aline Landsteiner lässt abwechselnd Karla erzählen, wie sie gefangen ist in ihrer Trauer, das Aufräumen nicht anpacken mag, wie sie gleichzeitig versucht, hinter das zu kommen, was ihr Marie verschwiegen hat und dann wieder Marie, deren eigene Erlebnisse schildern. Diese Erzählungen sind sehr gut gemacht. Insbesondere ist der Teil rund um das Nachbarspaar speziell gut gemacht.
Fazit - so wie wir uns kennen ist oftmals nicht alles. Könnten wir mit besser Hinschauen und Hinhören mehr Gegenüber sein und auch durch mehr Offenheit besser miteinander leben? Oder ist es vielleicht manchmal gut, nicht alles auf den Tisch zu legen, für uns und für unsere Mitmenschen?
Der Schreibstil ist sprachlich gut, passend und leicht zu lesen, nicht speziell anspruchsvoll, gute Ferienlektüre oder zwischendurch.