Hallo zusammen
Jetzt sind wir schon fast am Ende unserer gemeinsamen Lesereise angelangt. Zeit, über den dritten Teil von «Cleopatra und Frankenstein» zu reden.
Was ist euch diesmal sprachlich aufgefallen? Wurde am Ende etwas offen gelassen oder wurden all eure Fragen beantwortet? Ist es für euch ein Happy End? Ist das überhaupt wichtig? Ich hätte gerne noch gewusst, in wen Cleo eigentlich verliebt gewesen ist (Danny?). Wie fandet ihr allgemein die Einteilung der Geschichte in Kapitel nach Monat? Wie empfandet ihr den Spannungsaufbau, den Mellors schon durch die Perspektivwechsel erreicht? Das Buch wird als «New-York-Romanze» beschrieben auf dem Buchrücken. Findet ihr das zutreffend oder irreführend? Wer ist eure Lieblingsfigur geworden? Passt das Cover nun zum Roman?
Damit alle, die noch nicht soweit sind, nicht gespoilert werden, verstecke ich meine persönlichen Eindrücke wieder unter «Details» ;-)
Sprache: Die Beschreibung von Zoes Absturz fand ich sprachlich äusserst eindrücklich. Die abgehackten Gedanken, die auch die Sprünge in der Wahrnehmung beinhalteten – das war gruselig! Und ich habe wieder ein Bild für euch, das bei nüchterner Betrachtung auch anders gelesen werden kann, mir in dem Moment aber trotzdem gut gefiel: «Ich glaube, genau so sollte das Leben sein: Du brichst mit all deinen Sorgen und Hoffnungen umgeschnallt zu einer langen Autofahrt auf, während die Menschen, die dich am meisten lieben, wie wild zum Abschied winken.» Was denkt ihr?
Beziehungen: Mir gefiel, wie Mellors die (bröckelnde) Paarbeziehung an sich beschreibt. Die vielen Missverständnisse im März-Kapitel beispielsweise, wenn Frank und Cleo die Reaktion ihres Gegenübers je falsch interpretieren, der schleichende Vertrauensverlust, die kleinen und grossen Verletzungen und wie wir uns selbst oft völlig im Weg stehen und zu sehr in unseren Emotionen feststecken, als dass wir unser Verhalten bewusst steuern und das Ruder nochmal herumreissen könnten. Aber auch die Versöhnung mit dem einst so geliebten Menschen und wie die beiden, mit der Zeit, einen Weg finden, miteinander zu reden. Das Bild mit den Staren fand ich am Ende unheimlich berührend und musste gleich darüber nachdenken, wer meine fünf Personen sind.
Zu Beziehungen gehören natürlich auch Freundschaften und Eltern-Kind-Beziehungen und auch die stellt Mellors in all ihrem Facettenreichtum dar, fand ich. Seht ihr das auch so oder ganz anders?
Lieblingsfigur: Eindeutig Eleanor. Und bei euch? Ich liebe den Humor, mit dem Mellors ihre Ich-Erzählerin reden lässt, die einzelnen Gedanken, in denen sie von ihren Erlebnissen schreibt, vor allem, wie sie immer wieder scheinbar wahllos mitgehörte Gespräche zwischen Frauen einbaut.
Bei Eleanor wurden auch die meisten Fragen von Cleo beantwortet in Bezug auf das Leben, fand ich. Zusammengenommen mag es etwas kitschig klingen, aber so im Gesamttext fand ich es einfach nur schön.
Wie gehe ich mit Traurigkeit um? «Ich lasse die Traurigkeit zu.»
Wie verarbeite ich Schwieriges? «Wir zerbrechen. Und setzen uns wieder zusammen. Die Risse sind das Beste an uns. Du musst sie nicht verstecken.»
Wie fühlt sich Liebe an? «Wie Erde. Sie erdet dich. […] Sie soll dir Halt geben wie die Erde.»
Na und? «Das sind zwei der mächtigsten Wörter der englischen Sprache. Sie bilden den Rahmen für ein freies, glückliches Leben.»
«Wer es für nötig hält, >ich komme zurecht< zu sagen, der kommt nie zurecht, Schatz.»
Humor: Der Fieberthermometerwitz der Krankenpflegerin und Eleonors Pony-Vergleiche fand ich zum Beispiel köstlich («Ein Pony ist quasi ein Bart an der Stirn, ein Haarhut, den man nicht abnehmen kann.»).
So, ich hoffe, ich habe nicht viel zu viel geschrieben (wenn doch, tut es mir leid). Eine letzte Frage habe ich noch an euch: Coco Mellors bedankt sich am Ende unter anderem bei den Mitgliedern der trockenen Community in Downtown New York. Zudem fiel mir bei Betrachtung ihres Porträts eine gewisse optische Ähnlichkeit mit Cleo auf. Denkt ihr, es ist viel Autobiografisches in den Roman eingeflossen?
Genug von mir. Ich wünsche euch ein tolles Wochenende und viel Vergnügen beim Austausch.
Liebe Grüsse und bis spätestens Dienstag, Kathrin