Einen wunderbaren guten Morgen zusammen
Habt wieder einmal herzlichen Dank für eure regen Rückmeldungen!
Überschwänglich begeistert hat euch «Cleopatra und Frankenstein» bisher nicht zurückgelassen, teils habt ihr sogar regelrecht Mühe mit dem Weiterlesen, sei es inhaltlicher oder formaler Natur. Ich bin gespannt auf weitere Rückmeldungen, um das Bild noch weiter zu differenzieren zu können. (@Cweena @ellenkrauer @JJK @Jsabellr @leenajohannaa @RadioPilatus @Red_Reading_Hood @Taamaaraa-lein und @TheLut, was denkt ihr vom Roman?)
@Joyce , ich habe enorm Freude an deiner Ausarbeitung der sprachlichen Ebene gehabt und wie Mellors mithilfe der Sprache den Zustand ihrer Figuren widerspiegelt. Nicht in Worten selbst, sondern eben vor allem durch die Struktur der Sätze, den Klang, die Gegensätze etc.
@StefansCH , du hast wieder einen interessanten Aspekt in die Diskussion gebracht und zwar den des Marketings: Das Buch wird allein auf dem Buchrücken unheimlich gehyped und entsprechend hohe Erwartungen werden geschürt. Hättet ihr das Buch anders gelesen, wenn es dezenter beworben worden wäre? Also weniger Vergleiche und Superlative und stattdessen überwiegend Inhaltsbeschreibung? Oder wäre es dann gar nicht so herausragend erschienen und würde möglicherweise seltener gelesen?
Ich weiss nicht, ob ihr Gelegenheit hattet, das YouTube-Interview mit Coco Mellors zu schauen, deswegen wollte ich euch doch eben noch ein paar Erkenntnisse daraus zusammenfassen – bzw. das, was ich nach drei Tagen noch davon im Kopf habe 😉
@Oberschin hatte uns ja gefragt, warum Mellors die Perspektive wechselt und Mellors sagt dazu, sie wollte sichergehen, dass wir Eleonor nicht von Anfang an als «die andere Frau» verurteilen und abstempeln. Eleonor sollte uns sympathisch sein, wir sollten uns in sie einfühlen können und ich denke, das ist ihr mehrheitlich bei uns gelungen.
Im Zusammenhang mit Eleonor kam ja auch die Frage nach der anderen Erzählweise auf, in einzelnen Gedanken, Anekdoten etc. Auch dazu wurde Mellors im Interview befragt und sie erzählt, dass sie mit dieser Form experimentiert hat und sie ihr so gut gefiel, dass sie sie unbedingt einbauen wollte. Ausserdem gefiel ihr, dass sie damit eine gewisse Leichtigkeit und Humor in die Erzählung bringen kann, um die thematische Schwere etwas auszugleichen.
Toll fand ich noch den Einblick in die Entstehungsgeschichte des Romans: vier Jahre kontinuierliches Schreiben, immer wieder Absagen, immer wieder umschreiben; begonnen, als sie selber Mitte 20 war und tatsächlich ein Alkoholproblem hatte. Anderthalb Jahre nach Beginn am Roman ist sie trocken geworden und hat dann erst erkannt, dass auch ihre Figuren ein Suchtproblem haben. Ihr habt die Oberflächlichkeit angesprochen und @Joyce hat in der Hinsicht richtig vermutet, dass es einfach am Ort, an New York liegt und in gewissen Kreisen nicht nur ein Klischee ist. Nach vier Jahren hat sie dann zwei Verlage gefunden; weiteres Umschreiben ist im folgenden Jahr der Fall, bis der Roman nach sechs Jahren endlich erscheint. Cleos Äusseres hat sie tatsächlich stark an sich angelehnt, auch um Zugang zur Figur zu finden, allerdings ist ihr das ganz lange nicht gelungen; mit Cleo hat sie am längsten gehadert, auch das fand ich spannend. Der Titel verweist im Übrigen auf die Masken, die Cleo und Frank metaphorisch betrachtet tragen, um geliebt zu werden, sagt Mellors.
(Ist euch übrigens bewusst aufgefallen, dass das Buch im Jahr 2007 spielt? Das muss ich total überlesen haben…)
Beim Hören des Interviews sind mir noch zwei weitere Fragen für euch eingefallen: Ist Eleonor eine ältere Version von Cleo? (Künstlerin, die sich verwirklicht; zudem Stichwort sexuelle Erfahrungen als junge Frau) Und haben Frank und Eleonor wirklich eine Affäre? Eleonor deutet immer nur etwas an, wie beim Spaziergang im Park, bricht dann aber ab. Das fand ich noch interessant.
Ich entschuldige mich an dieser Stelle für meine Endlostexte. Aber der Austausch und die Arbeit am Text mit euch macht so viel Freude, da kann ich einfach nicht anders ;-)
Morgen schliessen wir die Leserunde ab und ich gebe euch dann auch nochmal Informationen zur Rezension etc. Ihr dürft natürlich auch danach noch eure Meinungen zu den verschiedenen Abschnitten hier teilen und euch austauschen, das würde mich freuen.
Jetzt aber: Habt noch einen wunderbaren Tag. Liebe Grüsse und bis morgen. Kathrin