DrQuinzel
Hallo Zusammen
Sorry für den späten Anschluss an die Leserunde - ich musste kurzfristig auf eine Geschäftsreise. Ich konnte jedoch das Verpasste aufholen :-)
Darum hier meine ersten Eindrücke:
Ich interessiere mich immer zuerst für die Autorschaft, weil ich den Text besser verorten kann. Geschlecht, Alter, Herkunft, Mission, Biographie ergeben das Bild eines Gegenübers beim Lesen. Brianna West ist jung und hat 2018 mit 26 Jahren das erste Buch 101 Essays That Will Change The Way You Think herausgebracht, das 2022 in der deutschen Übersetzung eines der erfolgreichsten Lebensratgeber wurde. Es hat mich nicht erstaunt, zu erfahren, dass die Autorin aus einer Krise und auch zur Therapie zum Schreiben kam.
Bei der Einführung ist mir gleich der Hang zum Sermon aufgefallen: "Ich hoffe“ kommt 13x vor, in kurzer Sequenz - dies hat etwas Gebethaftes und Eindringliches.
Tag 1: Ich stolpere über den ersten Satz „ Der Mut,…, wird zu dem Schicksal werden, dem du morgen begegnest.“ Als was wird „Schicksal“ hier verstanden? Ist man des Schicksals eigener Schmied oder ist Schicksal etwas, das uns die Entscheidungsfreiheit entzieht.
Dann ein kursiver Abschnitt, eine Frage an mich, ob ich in der Vergangenheit bleiben will oder nutzen, was vor mir liegt. Warum kursiv? Ich blättere gleich ein paar Seiten um, um weitere kursive Stellen zu finden, damit ich herausfinden kann, was die Herausstreichung bedeutet.
Bei Tag 4: Praktiziere dieses Innehalten - ein Ratschlag? Oder bei Tag 13: … was… wie… Aber nicht mit diesem Menschen. … Aber nicht auf diese Weise. … Aber nicht an diesem Ort. - wichtige Erkenntnisse?
Tag 15: Ich werde mich nicht länger an meinem eigenen Leiden beteiligen. - ein Appell, ein Programm, mich nicht mit meinem eigenen Unglück zu beschäftigen, mitfühlend mit mir zu sein.
Bei Tag 1 fand ich das Bild schön: das „Mosaik aus Erfahrungen“, das ein Fragment des Universums in einem bestimmten Moment wird.
Es gibt Textstellen, die mich weniger zum Nachdenken anregen, andere mehr, wie zum Beispiel Tag 3 zum Thema Glück, weil ich mir gleich die Frage stellte: Was ist Glück, Glück haben, glücklich sein. Ist Glück nur im Gehirn, ein Dopaminstoss für gesteigerte Aufmerksamkeit? ein Zustand innerer Zufriedenheit? Was kann ich dafür tun, frage ich mich.
Beim Thema Selbstschutz (Tag 4) kommen mir sehr viele Gedanken: Selbstschutz als sich schützen vor negativen Einflüssen oder als Verteidigung und in diesem Sinne auch in Verbindung mit Militär und Krieg. Es ist ein guter Ratschlag, innezuhalten zwischen Wahrnehmung und Reaktion.
Der Sermon ist wieder stark im Text von Tag 17, in dem jeder Satz mit „Vielleicht“ beginnt. Wie dem vertrauen, was an mir vorübergeht? Heisst es, nicht alle Möglichkeiten ergreifen und vorüberziehen lassen bis mir etwas vor die Füsse fällt, bis etwas kommt, mit dem ich mich auseinandersetzen muss? Ich gehe dem nach und frage mich, was es gerade für Möglichkeiten gäbe, die ich vorüberziehen lassen könnte.
Der Gedanke (Tag 18), dass alles angelegt ist und im Stillen gedeiht bis es in einem bestimmten Moment zur Blüte kommt, finde ich wichtig auch im Zusammenhang mit der Wichtigkeit von Erziehung und Bildung.
Zusammenfassend finde ich bis jetzt die Texte zuwenig klar, zuwenig faktisch und ohne roten Faden. Für mich ist es kein Sachbuch, da es an Struktur und Progression fehlt. Vielleicht könnt ihr mich von etwas Anderem überzeugen :-)