Ebenso wie Teil 1 beginnt Teil 2 mit der Arbeit im Supermarkt, wirklich genial, wie hier gezeigt wird “das Leben geht weiter”. Die Routine ist zurück in dem Alltag von Ida und Tilda, aber es hat sich eben doch etwas geändert in der Beziehung von Ida, Tilda und der Mutter. Alle drei entwickeln sich in diesem Teil 2 weiter, auch in ihrer Beziehung zueinander.
Im Zentrum stehen Tildas Aktivitäten um Ida zu stärken, um guten Gewissens nach Berlin gehen zu können. Sie ist in der Phase der Entscheidungsfindung - Promotion annehmen? Viktor lieben? Tod von Ivan verarbeiten? Abgrenzung von Freunden? Tildas Entwicklung in diesem Teil 2 scheint recht realistisch - suchend.
Ida hingegen macht einen rasanten Reifungsprozess durch, und sie wirkt viel stärker und klarer als Tilda. Ida nimmt ihr Leben, aber auch ein wenig das von Tilda und der Mutter in die Hand und entscheidet, welchen Weg sie in welchem Tempo geht. Hier ist mir aber die Geschichte zu rosa eingefärbt - Ida ist erst 9 Jahre alt und ihre Reifung innerhalb einer so kurzen Zeitspanne von wenigen Tagen passt nicht wirklich zu diesem Alter. Das wird auch deutlich an dem Verständnis für die Mutter, deren Alkoholismus als das verstanden wird, was es ist, nämlich als Krankheit (s. 116). Und dann im letzten Abschnitt, dem Suizidversuch der Mutter.
Ansonsten erfahren wir hier noch ein wenig mehr über die Väter, den Teufelskreis, in dem sich die alkoholkranke Mutter befindet, der so realistisch (und ohne Anklage!) beschrieben ist, dass man sich unwillkürlich fragt, woher diese junge Autorin Caroline Wahl dieses Wissen hat.
Insgesamt wirft der Teil 2 Fragen auf, es sind o.g. inhaltliche Brüche da, aber es liest sich flüssig und die Dialoge zwischen Tilda und Ida sind originell. Ich frage mich aber unwillkürlich, warum Tilda nicht einmal die Idee verfolgt, Ida mit nach Berlin zu nehmen