Die Geschichte ist keine wirkliche Geschichte. Es ist ein Versuch der Aufarbeitung eines Menschen, der versucht, etwas über seine Vergangenheit und sich selbst herauszufinden.
Kim bezeichnet sich als non-binär, will oder kann sich keine Geschlechterrolle zuordnen. Frauen werden sprachlich zu Gegenständen („das Mami“), was ebenso abschreckend wirkt wie die übertriebene scheinbare Männlichkeit.
In einem Schreiben an die eigene Großmutter versucht Kim, herauszufinden, was in der Vergangenheit geschah, welche Ereignisse oder Erwartungen die Menschen zu dem Werden ließen, was sie wurden. Die Grossmeer, die ein Ersatz für ihre verstorbene große Schwester ist, die Mutter, die lieber als Mann gelebt hätte, um nicht das brave Mädchen sein zu müssen. Mittendrin der Protagonist*in, auf ständiger Suche, sprachgewaltig und bindungsunfähig.
Dass das Buch so einen Hype ausgelöst hat, ist nachvollziehbar. Es reitet auf der aktuellen Genderwelle und ist in der Sprache gänzlich unangepasst. Aber ist es brilliant? Aus meiner Sicht nicht. Stellenweise sehr bemüht und die sexuellen Eskapaden schlicht „too much“. Das permanente Einbinden englischer Wörter ist eher mühsam, als dass es von sprachlicher Virtuosität zeugt. Wobei diese an vielen Stellen doch durchblitzt, nämlich dann, wenn Kim sich mit der Heimatsprache, dem Berndeutsch, auseinandersetzt. Hier wirkt es leichtfüßig und in keiner Weise aufgesetzt.
Das Bild der Blutbuche ist gut gewählt, symbolisiert dieser Baum so viel, was in diesem Buch abgearbeitet wird.
Und definitiv nicht für jeden geeignet.