Auch ich habe diesen Teil in einem Rutsch gelesen. Ich konnte das Buch gar nicht mehr weglegen und war völlig davon eingenommen, gefühlsmässig eine Achterbahn. Es war teilweise fast nicht zu ertragen und man ist ganz im Geschehen drin.
Mit dem dritten Abschnitt erreicht der Roman einen Höhepunkt - sowohl im Geschehen, als auch in der emotionalen Tiefe und Gewaltigkeit. Ich glaube nicht, dass man unberührt bleiben kann. Es schmerzt buchstäblich, die Not des Jungen mitzuerleben. Vor allem jene des gemobbten Jungen, aber auch jene von MM tut weh - und gar die Lehrerin.
Die Spanischlehrerin kann nicht mehr nur zuschauen. Mich beeindruckt der Ansatz, wie sie den Unterricht gestaltet und so die Jugendlichen zum Nachdenken bewegt. Sie bewirkt viel - Gott sei dank. Und dabei ist natürlich ihr eigenes Erleben bedeutsam. Sie kann nicht nur zuschauen, weil sie weiss, wie entsetzlich es ist, gemobbt und gequält zu werden.
Das Teilen der “Schamvideos” in den sozialen Medien finde ich grauenvoll. Eine abgrundtiefe Demütigung. Die Vorstellung, dass sich Massen am eigenen Leid, an der Schwäche ergötzen ist einfach nur schrecklich und ekelhaft.
Das Versteck des Jungen, der Tunnel - da haben einige von euch bestimmt richtig vermutet, dass er heruntergezählt hatte, bevor er sich das Schreien erlaubte. Die Notizen im Tunnel - wie traurig muss es in diesem Jungen aussehen. Wie können diese Narben wieder heilen?
Die Frage bleibt für mich - wie merkt man, dass jemand gemobbt wird, der vom Wesen her nicht viel redet, schon gar nicht über sich? Das kenne ich in meinem Umfeld, dass es erst zu spät zum Vorschein kommt.
Ich finde es ehr gut, dass das Thema heute in Schulen genau betrachtet wird. Auch dass dieses Buch an Schulen zur Lektüre gehört finde ich richtig. Es ist dringend notwendig, dass die Jugendlichen sich damit befassen und eine gute Begleitung erhalten. Dass es heute Sozialarbeitende gibt in den Schulen, welche auch Ansprechpersonen sind für Eltern oder allenfalls Kolleginnen/Kollegen.
Der Autor leistet mit diesem Buch einen wichtigen Beitrag, der für die soziale Entwicklung genutzt werden kann. Er versteht es auch zu schreiben. Seine Ausdruckskraft ist ausgezeichnet und er hat es nicht nötig, Brutalität auszukosten. Mir gefällt sein Erzählstil.