Sam, Julie und ich haben eines gemeinsam: Wir mögen den Song “Fields of Gold”. (Ich in der Originalfassung von Sting, sie in der Version von Eva Cassidy).
Goldene Felder, das ist der Ort, wo sich Sam befindet nach seinem tödlichen Autounfall. Julie kann ihn anrufen, nur über ihre beiden Handys besteht eine Verbindung. Zuerst glaubt sie nicht, dass es wirklich Sam ist, aber er beweist es ihr. Später beweist er es auch seiner Mika und seinem Bruder, damit diese ebenfalls besser über seinen Tod hinwegkommen.
Julie lebt mit ihrer Mutter in Ellensburg, einer amerikanischen Kleinstadt in der Nähe von Seattle. Sie sind dorthin gezogen, weil die Mutter eine Dozentenstelle an der örtlichen Uni bekommen hat. Sie scheint eine sehr kontroverse Professorin zu sein, und ist deshalb froh über diese Chance. (Der Vater zieht ziemlich rasch zurück nach Seattle). Das Spezialgebiet der Mutter ist offenbar “subjektives Zeitempfinden”, dies wird sehr beiläufig erwähnt, aber es spielt eine Rolle für das ganze Buch. Aber dazu später. Julie fühlt sich zuerst als Aussenseiterin, sie will so schnell wie möglich wieder weg aus Ellensburg. Als sie mit Sam zusammenkommt, ändert sich das. Sie fühlt sich plötzlich integriert, Sams Cousine Mika wird zu ihrer besten Freundin, obwohl das Dreiecksverhältnis am Anfang nicht frei von Eifersucht zwischen Julie und MIka ist. Sams ist Julies grosse Liebe. Und er liebt sie ebenso. Zusammen wollen sie weg aus Ellensburg, Sam soll seine Karriere als Singer/Songwriter verfolgen und Julie als Autorin. Als Sam mal wieder mit seinen alten Freunden abhängt, die Zeit vergisst und vergisst Julie vom Bahnhof abzuholen, ruft sie ihn an, er nimmt nicht gleich ab. Sie geht alleine los und nimmt seine Anrufe nicht entgegen. Da sie dies nicht tut, gerät Sam in Panik und fährt los und verunfallt dabei. Julie wird von grossen Schuldgefühlen geplagt. Sie kann nicht loslassen. Sie läuft an den Plätzen herum, an denen Sam und sie waren und als sie im Wald stolpert, hinfällt, sich den Kopf und das Bein verletzt, ruft sie in der allergrössten Not seine Nummer an, und tatsächlich, er geht ran. Von da an können sie miteinander reden, aber Julie kann nicht genau herausfinden, wo er ist und wo er hingeht, und er kann und/oder will es ihr nicht genau sagen. Von Anfang an scheint klar zu sein, dass die Verbindung irgendwann abreissen wird, dass es irgendwann zum endgültigen Abschied kommen wird, wobei Sam damit besser klarkommt als Julie. Sam ist es, der Julie auffordert, ihr Leben weiter zu leben. Er mag ihre Gespräche genauso, und ganz am Schluss gesteht er ihr auch, dass er beim ersten Mal fast nicht rangegangen wäre - weil er eine Ahnung hatte, wie das alles verlaufen würde - aber dass er es trotzdem tat, weil er sie ebenso vermisst. Dennoch wird im Lauf des Romans klar, dass je mehr Julie wieder einen Schritt zurück ins wirkliche Leben macht (wieder auf Mika und ihre anderen Freunde zugeht, sich mit Tristan zum Filmfestival verabredet, sich wieder mit ihrer Mutter austauscht) die Verbindung zu Sam schwächer wird. Die Zeitabstände zwischen den Telefonaten werden länger und ein Knistern stört die Leitung. Aber schlussendlich sieht auch Julie ein, dass sie Sam nicht halten kann, dass es einfach unmöglich ist, und dass sie vorwärts blicken muss, denn auch Sam kann sonst keinen Frieden finden.
Das Buch ist wunderschön “komponiert”, die verschiedenen Zeitebenen sind zwar am Anfang verwirrend (Julie springt mit ihrer Erzählung wirklich sehr hin und her, dazwischen gibt es Traumsequenzen, die sich sehr real anhören, wo man nicht weiss, war jetzt das schon oder wird das noch sein, oder ist das nur ihre Wunschtraumfantasie?) Aber so fühlt sich das ganze eben sehr authentisch an ("Subjektives Zeitempfinden, wie erwähnt). Man hat das Gefühl, genauso würde man den Tod eines geliebten Menschen unter diesen Umständen erleben und verarbeiten wollen. Julie ist hemmungslos ehrlich in ihrem egoistischem Bestreben, Sam zu behalten. Und genauso wunderbar ist es, mitzuleben und mitzuleiden und schliesslich miteinzusehen, dass der Tod eine Grenze ist, die wir respektieren müssen, dass aber die Liebe zu einem Menschen in uns bleibt, und das ist das Wertvollste.