Delphine de Vigan zeichnet mit präzisen Strichen ein Horror-Szenarium der künstlichen Parallelwelt. Leider keine Zukunftsvision, sondern bereits ein Bestandteil der Gegenwart. Die Autorin blättert die Geschichte einer Mutter, die ihre Kinder im Internet demütigend zur Schau stellt, Seite um Seite auf.
Zu Beginn scheint die Mutter ein Opfer zu sein, im Laufe der Geschichte wechselt die Perspektive, sie wird zur Täterin, denn irgendwie liest sich das Buch auch wie ein Krimi, da die Tochter spurlos verschwindet.
Zwei Frauen stehen sich gegenüber. Die Mutter und die Polizistin, beide auf eigene Art in einer Blase gefangen, beide konnten ihre Sehnsüchte in der Vergangenheit nicht ausleben und verwechseln Anerkennung mit Liebe.
Der Spannungsbogen zieht sich durch das Buch, Stilmittel wie Polizei-Protokolle werden eingesetzt, die Sprache wirkt sachlich.
Das Buch schockiert. Wirft viele Fragen auf, welche psychischen Schäden nehmen Kinder durch die Digitalisierung mit? Wie schützt man Kinder vor der digitalen Versklavung? Und schlussendlich losgelöst vom Schauplatz des Internets, wie schützt man Kinder vor Eltern die ihre eigenen verblassten Träume krampfhaft in die eigenen Kinder projizieren, denn nicht nur youtube ist der Schauplatz der Versklavung?
Einziger Schwachpunkt: den zweiten Teil hätte es aus meiner Sicht nicht benötigt, war für mich dann doch zu pathetisch.