Für mich war “In einer stillen Bucht” ein leicht zu lesender, unterhaltsamer Krimi mit Hinweisen, die zum Rätseln animierten, und atmosphärischen Szenen, die einen Hauch Capri-Gefühl bescherten. Ein Buch für etwas Feriengefühl - zu lesen entweder am Strand oder auf dem Liegestuhl zuhause auf der Terrasse. Leichte Lektüre, ordentlich inszeniert. Und doch bleibt bei mir eine kleine Ambivalenz: Mir hat es etwas zu viele noch ungelöste Punkte. Ich mag es nicht besonders, wenn ich quasi aufgefordert werde, den nächsten Band zu lesen, damit meine Fragen endlich beantwortet werden. Aber das liegt an mir: Ich mag keine Never-ending-Storys - von daher ist es mir lieber, wenn eine Geschichte in sich einen Abschluss findet. Die Charaktere indes können gut “weiterleben”.
Dass Rizzi und Cirillo immer mehr an Konturen gewinnen, finde ich zum Beispiel spannend und möchte ich nicht missen, aber grundsätzliche Fragen in deren Kontext sollten, wenn angesprochen und teilweise sogar mehrfach angedeutet, innerhalb der Geschichte beantwortet werden. In einem neuen Band können dann sicherlich andere vertiefende Aspekte dazukommen. Ob Gabriellas Sohn nun auch Rizzis Sohn ist, zum Beispiel, hätte ich gern erfahren. Ebenso was mit Paolo Orlando und der Harfe geschehen ist. Was ist mit Madame Bergé? Ich kann mir ja nicht sicher sein, dass diese Fragen in einem nächsten Band beantwortet werden, also bleibe ich mit einem etwas unbefriedigenden Gefühl zurück.
Was die Figuren angeht: Mein Mitgefühl mit Maria Grifo hielt sich in Grenzen. Sie wurde nicht grad als Sympathieträgerin skizziert; ihre herablassende Art konnte schon Aggressionen wecken. Verständnis konnte ich hingegen für die beiden ausgestiegenen Studenten aufbringen, trotz ihrer unehrenhaften betrügerischen Tat. Ich fand es sowieso schwierig mit den Sympathien und Antipathien, irgendwie herrschte lange eine Distanz zu den Protagonisten. Erst mit der Zeit kriegte ich einen Bezug zu Rizzi und Cirillo, insbesondere zu Antonia Cirillo. Ich mag Figuren, die nicht sofort zu durchschauen sind, aber bei denen man Persönlichkeit und Herz erahnen kann. Das hat Ventura gut hingekriegt, und das hat mir besonders gut gefallen.
Besonders spannend fand ich auch die Diskussion hier - das macht echt Spass und zeigt auch immer wieder neue Aspekte auf, auf die man sein Augenmerk (auch) setzen kann. Ein tolles Erlebnis. Danke an alle.