Catwoman Oh - sind wir beide auf der gleichen Wellenlänge? Du hast recht, das Buch sollte am besten nicht enden :-)))
Ich bin überrascht, dass im bisherigen Austausch kein grösserer Aufschrei erfolgt ist wegen Seiten 27/28: mir blieb der Atem weg angesichts der Vergewaltigung und ich musste das Buch für einen Moment aus der Hand legen, weil eigene Erinnerungen mir das Adrenalin hochjagten. Ich habe mehr Glück als Elizabeth gehabt - aber eine solche Situation vergisst man nie, auch wenn das Gehirn zum Schutz einen Deckel darauf bastelt. Bonnie Garmus zeigt uns jedoch den “äusseren Deckel” - den Bleistift! Elizabeth hat immer einen HB Bleistift im Haar, hinter dem Ohr. Ist das niemand aufgefallen?
Für mich ist das eine der Schlüsselszenen, die erklärt, WARUM Elizabeth so verbissen und unbedingt aus EIGENER Kraft in der Wissenschaft vorwärts kommen will! Der Gedanke an Unterstützung und Hilfe und sei sie noch so ehrlich und aufrichtig gemeint (Calvin) ist nicht ‘ertragbar’.
Das wird zusätzlich gestützt auf die Tatsache, das Elizabeth als Kind, als 10jährige, von ihrem geliebten Bruder im Stich gelassen wird, denn auch ein Selbstmord ist für diejenigen, die zurückbleiben, ein Im-Stich-gelassen-werden und dann auch noch von ihren Eltern wochenlang vernachlässigt wird. Diese Gefühlskälte gegenüber einem Kind ist unglaublich!.
Mit diesem Hintergrund grenzt es fast an ein Wunder, dass Elizabeth überhaupt eine Beziehung zu Calvin eingehen KANN. Und erst noch eine Beziehung solcher Tiefe. Bonnie Garmus beleuchtet dieses Glück von aussen ganz herrlich auf Seite 56 in der Cafeteria. Es liegt auf der Hand, dass die Kollegen vor Neid zergehen, gestalten sich doch ihre eigenen Liebschaften da eher mühsam.
Ich bezweifle, dass das Verhältnis zwischen Männern und Frauen heutzutage so viel entspannter ist. Allerdings haben sich die Vorzeichen teilweise gekehrt - nach der Me-too Bewegung werden auch zunehmend Männer zu Opfern, nachdem sie jahrzehntelang ziemlich ungestraft Täter sein durften.. Und Frauen können Täter und Opfer sein.
Ich bin eine vehemente Gegnerin der Frauenquoten! Das wäre mir unerträglich gewesen, eine Position zu bekommen aufgrund der Quote. Damit wird jeder Anspruch auf Fähigkeiten, Kenntnissen, Können und Führungsqualitäten abgewertet. Einer Frau dürfte es schwer fallen, den Verdacht, sie sei allein aufgrund der Quote vorwärtsgekommen, zu widerlegen. Der Quotengeruch bleibt. Im wissenschaftlichen Bereich wie bei Elizabeth empfände ich so etwas als tödlich für die Anerkennung ihrer Arbeit. Gesetze können Gleichstellung auf dem Papier durchsetzen - aber wie viel Gleichstellung bleibttatsächlich in der gelebte Realität?? Noch in den 2000er Jahren habe ich menschliche Abgründe bei uns in der Schweiz entdeckt, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Gramus Buch behält auch heute seine Aktualität.