Im Schweizer Jura lernt ein Mädchen mit bosnischen Wurzeln schwimmen - muss nach Atem ringen. Dieses Bild durchdringt den ganzen Roman, der bruchstückhaft das Leben der Familie von zeichnet. Rasch wechselnde, kurze Abschnitte zeigen Bilder - Bilder aus dem Gefangenenlager in Omarska, Folter, Opfer, Familie, Übertragungen aus dem Gerichtshof in Den Haag, Sekas Vater, der gewalttätig war, ihr Freund, der sie verlassen hat, der Knoten in der Brust, der Befund, das Absaugen des Gewebes, Schmerzen. Der Wunsch, ihr Vater möge sich das Leben nehmen oder sterben. Der Debütroman der jungen Schweizer Autorin, deren Familie wie die Hauptprotagonistin ursprünglich aus Bosnien stammt, hat einen speziellen Sprachstil, der zum schnellen Wechseln zwischen den Betrachtungspunkten passt. Schonungslos und oft mit einem anklagenden Ton ganz klar aus der Perspektive der jungen Frau, die sich erinnert an die Kindheit, Erinnerungen ihrer Mutter und Grossmutter ausbreitet und eigene Beobachtungen und aktuelles Erleben schildert. Für Seka - das steht auch auf dem Umschlag eines Briefes, den sie von ihrem Vater erhält. Keine leichte Lektüre. *Als die Frauen noch das Feld beackerten mit gebückten Rücken oder in Heimarbeit Näharbeiten für das Dorf erledigten, als plötzlich der Mann vor den Kindern von einem Soldaten erschossen wurde, war der Schmerz ein anderer. Ihre Erinnerung an sie wich den Jahren und den neuen Sorgen. Beim Anblick ihres einbdandagierten Oberkörpers im Spiegel, dem Versuch, Ähnlichkeiten zwischem dem Körper ihrer Grossmutter und ihrem eigenen auszumachen, befand Seka, sie hätten das gleiche Haar. Ihr Körper krankte an einem wesentlichen Geschlechtsmerkmal, der Brust.* Als habe sie als Kind schon eine Art Entpersönlichung vollzogen, die ihr erlaubte, der Spannweite der väterlichen Gewalt einerseits und den Interessen und Leben ihrer Freunde andererseits standzuhalten.