Anne Berest erinnerte sich knapp zwanzig Jahre nach ihrer Ankunft an eine unsignierte Postkarte, die ihre Familie emotional sehr aufgewühlt hatte. Die Postkarte mit der Pariser Oper trug auf der Rückseite nur die Namen ihrer jüdischen Vorfahren mütterlicherseits – ihrer Urgrosseltern, ihrer Tante und ihrem Onkel, die 1942 im Konzentrationslager Auschwitz umkamen. Zusammen mit ihrer Mutter Leila, Tochter von Myriam, einzige Überlebende der Familie mütterlicherseits, macht sie sich auf die Suche nach dem Absender. Auf dieser Spurensuche entdecken sie viele Bruchstücke aus der Familiengeschichte, die die Familie über Russland, Lettland, Palästina nach Paris führte. Die Bruchstücke wühlen sie emotional auf, weil sie realisieren, wie ihre Vergangenheit und die traumatische Erfahrung der Deportation auch ihr Leben und Handeln unbewusst geprägt hat und weiterhin beeinflusst.
Es ist ein bewegendes Buch, dass mich zwischendurch sehr nachdenklich gestimmt hat. Aber gleichzeitig wollte ich erfahren, wer die Postkarte verfasst hatte. Neu ist das Buch, dass 2021 auf Französisch erschien, auch auf Deutsch (Titel: Die Postkarte) erhältlich. Wirklich lesenswert!