Sheherazade Teil 1, Kapitel 1-13
Cover: ·Das Cover gefällt mir. Mit dem karierten Kleid erinnert es mich in erster Linie an einen Clown. Während der Geschichte wird «der Teufel trägt Prada» erwähnt. Ob der Verlagsleiter in Bezug auf den Kleidungssteil mit dem Teufel verglichen werden kann, habe ich im ersten Teil noch nicht herausgefunden. Die Buchbeschreibung lautet u.a. «Eine ganz alltägliche Leidensgeschichte, ein Roman über Resilienz und Überleben.» Ist diese Erfahrung wirklich so “alltäglich”? Ich hoffe nicht. Ich dachte solche oder ähnliche, weniger dramatische Geschichten hätte meine Generation allenfalls erlebt, aber sicher nicht mehr heute.
Schreibstil / Erzählweise: Im Vergleich zu Buch 1 und 2 wird die Geschichte mit weniger direkter Rede erzählt. Neu sind hingegen die Wiederholungen, die mich zu Beginn eher genervt haben. Was mir gefällt, ist der kurze Blick vorwärts. Und dann kehrt die Autorin zurück mit der klaren Einleitung «aber jetzt erst mal der Reihe nach». Oder sie nimmt vorweg, «… die später noch den einen oder andern Auftritt haben wird». So kann ich den kurzen Auftritt einer Figur gut einordnen. Ich mag die detailorientierte Beschreibung. Z.B. «Und das Sofa! Das Sofa sah aus wie so zwei gestapelte Weisswürste.» 😊 Die Kommunikation mit Abkürzungen empfinde ich als respektlos.
Inhalt: Als erstes habe ich mich genervt ab dem unprofessionellen Bewerbungsprozedere, und zwar von beiden Seiten (Unternehmen und potenzielle Angestellte): Charlotte wurde wenig in Bezug auf die Kompetenzen angesprochen/geprüft, es war mir nicht klar, welche Funktion sie neben all den verschiedenen «Assistentinnen» wirklich haben sollte. Aber es wurde ja auch von «Casting» geschrieben, was wirklich nicht auf ein professionelles Umfeld in dieser Branche schliessen lässt. Und dann ein «Casting» für eine Assistenten-Stelle…. Später habe ich dann gemerkt, dass es in erster Linie um den Umgang mit dem schwierigen Verlagsleiter ging. Es wird in diesem Moment auch von «lustigen» Verlagsleiter gesprochen… Und Charlotte war wohl so unter Druck, einen Job zu bekommen, dass sie selber nicht aktiv geworden ist, alles erduldet hat (lange Wartezeiten, Unsicherheiten). Sie wollte wohl einfach einmal ihren Eltern beweisen, dass sie arbeiten kann. Z.B. «Charlotte hatte grosse Angst, dass sie nicht zur Aufnahmeprüfung (an der Popakademie) zugelassen würde, und dann…» sowie «die Drohung, dass der Geldhahn zugedreht würde…»
Charlotte ist sich der Fehlentscheidungen bewusst: Job, Wohnung. Was kommt noch? Wie geht sie damit um? (Teil 2 und 3 werden hoffentlich darauf eingehen, wenn schon im Cover steht «es geht über Resilienz und Überleben»). Sind die Fehlentscheidungen nur existenziell bedingt? Oder um den Eltern (und sich selbst) etwas zu beweisen? Selbsttäuschung: Charlotte spricht sich gut zu, anstatt auf den Bauch zu hören und sofort auszusteigen. Sie liess sich von der «netten» HR-Leitung wohl auch «einlullen». Spätestens als das das Manual bekommen hat, hätte sie reagieren müsssen. Da Charlotte in der Schule nicht akzeptiert wurde (z.B. hat sie sich extra ein Tamagotchi gekauft, war dann aber in der Tamagotchi-Gruppe, die sich in der Pause auf der Treppe getroffen hat, nicht zugelassen), hatte sie wohl Nachholungsbedarf an Zuneigung, Zugehörigkeit, Akzeptanz.
Charaktere: Der Verlagsleiter und der Präsident eines grossen Landes scheinen einiges gemeinsam zu haben. Charlotte und alle andern Angestellten (HR-Leiterin, weitere Assistentinnen) kommen mir vor wie Marionetten, analog der aktuellen Weltgeschichte.
Fazit: Ich amüsiere mich, insbesondere nachdem ich über die verschiedenen Abbrüche gelesen habe. Ich empfinde die Geschichte bis dato als grotesk. Die Geschichte ist (heute) unrealistisch (z.B. «für das Vorzeigen des gesetzten Briefes muss xy stimmen, und der Verleger musste sich dabei umsorgt, ernst genommen und bewundert fühlen»…."). Vielleicht doch ein Pendant zur aktuellen Weltlage? Ist das die zweite Caroline Wahl? Was will sie damit bezwecken? Welches Zielpublikum spricht sie an?