Fand die allgemeinen Gedanken von Prof. Albert Meier zum Thema Kanonbildung auch noch spannend:
Gründe für Wertungen und Kanonbildung
»Das Leben ist so kurz! Selbst wenn Sie ein Bücherfresser sind, und nur fünf Tage brauchen, um ein Buch zweimal zu lesen, schaffen Sie im Jahre nur 70. Und für die fünfundvierzig Jahre, von Fünfzehn bis Sechzig, die man aufnahmefähig ist, ergibt das 3.150 Bände: die wollen sorgfältigst ausgewählt sein!« (Schmidt 1988, S. 30/1)
Allein aus quantitativen Gründen besteht ein Bedürfnis nach literarischen Wertungen, um die unvermeidliche Auswahl von Lektüren zu begründen. Die Beschäftigung mit Literatur bedingt somit Auswahl-Entscheidungen. Damit solche Beurteilungen trotz ihrer Subjektivität plausibel sein können, muss eine literarische Wertung die ihr zugrunde liegenden ›axiologischen Werte‹ reflektieren und sich zugleich auch der Wandelbarkeit (d.h.: Relativität) dieser Werte bewusst sein. Sie muss also selbstreflexiv vorgehen und darf keinen Anspruch auf absolute Gültigkeit erheben.
Axiologischen Wert: »Der Begriff ›axiologischer Wert‹ bezeichnet den Maßstab, der ein Objekt oder ein Merkmal eines Objekts als ›wertvoll‹ erscheinen läßt, es als Wert erkennbar macht.« (Heydebrand/Winko 1953, S. 40)