Ein männlicher Autor, der in der Ich-Form seiner weiblichen Hauptperson Akiko schreibt, ist ungewöhnlich, aber er hat’s ganz gut hinbekommen. Ein Roman heutiger Singles – ob Männlein, Weiblein oder divers – im digitalen Zeitalter, voller Stress, Hektik, Angst vor der Zukunft und doch Sehnsucht nach Zweisamkeit. Story spielt zwar in Japan – ein anderes, traditionelles Umfeld voller Exotik -, aber könnte genauso gut in Europa oder Amerika spielen. Viele 20 oder 30 somethings wollen, müssen arbeiten, wodurch ihr Privatleben leidet. So auch die 30jährige Akiko, Tochter einer alleinerziehenden, nun toten Mutter, die weder Familie noch (enge) Freunde hat – ausser einem: Kento, einem Jungen aus gutem Hause, ein früheres Wunderkind, aber genauso ein Aussenseiter wie Akiko, die tapfer Mobbing und Anfeindungen ertrug, während Kento daran fast unterging.
Beide treffen zufällig aufeinander nach Jahrzehnten; ihre damals schon lose Verbundenheit wird im Heute durch losen Austausch von E-Mails (mit Haikus) fortgesetzt. Akiko versteht Kentos stille Welt, von der er tagsüber nichts wissen will. Abends und Nachts via Email und Face-Time kommen sich beide näher, ist doch Kento menschenscheu. Beide spüren den anderen, auch ohne Worte. Und es ist Kento, der Akiko bestärkt, ihre Stärken auszuleben, indem sie ihre Kurzgeschichten – Tagträume – zu einem Buch zusammenfasst. Kento erinnert sie an die Schulzeit, wo schon eine ihrer Lehrer:innen voller Lob für ihre Aufsätze war, was jedoch nur noch zusätzlichen Neid ihrer Mitschüler:innen hervorrief. Das und andere Erlebnisse, fern der Arbeit, lassen Akiko sich entschliessen, zu kündigen – auch wenn Vorgesetzte und Kollegen versuchen, sie davon abzuhalten.
Ein Roman, der das Anderssein zum Thema hat und dieses als Stärke hervorhebt. Trotz des Hauchs Exotik (am Buchende gibt’s ein Glossar der japanischen Ausdrücke) könnten sich Akikos Begegnungen und Beobachtungen überall ereignen.
Die Botschaft des Romans: Geborgenheit und Glück, die Sehnsucht jedes Einzelnen, seien nicht von der Aussenwelt abhängig, aber es brauche Freunde, die einen bestärken, seine Wünsche auszuleben, ganz nach der Devise: „In der Stille liegt die Kraft.“