Bei dieser Leserunde bin ich aufgrund der Weihnachtszeit ständig etwas “hinterhergehinkt”, habe es heute aber voller Spannung und Freude geschafft, den letzten Teil zu lesen 😍
Mir hat “Lindt & Sprüngli, Zwei Familien, eine Leidenschaft” vom Lesen her wirklich gut gefallen! Es ging flüssig voran und Lisa Graf hat einen unkomplizierten Schreibstil, dem man stets gut folgen kann. Sie ist geschickt darin, die damalige Zeit und die Umstände auf eine Art und Weise zu beschreiben, die nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern zum denken anregt, auch wenn sie einige Themen nur streift. (Was ich damit meine, ist dass sie das feeling der Zeit gut transportiert).
Inhaltlich hatte der Roman jedoch mehrere Eigenheiten, welche mich beim Lesen und nun auch im Nachhinein stören. Einerseits finde ich es wahnsinnig irritierend, dass “Lindt und Sprüngli, Zwei Familien eine Leidenschaft” absolut nicht um - wie ich annehme die Familie (?) - Lindt geht. Das Wort Lindt wird im gesamten Buch nichtmal erwähnt und ist dennoch so prominent auf dem Deckblatt / im Titel. Es wäre aus meiner Sicht ein Leichtes gewesen, einen passenderen Titel für die Geschichte zu finden, welcher nicht Erwartungen weckt, die dann nicht erfüllt werden.
Andererseits schneidet Lisa Graf im Roman auch wahnsinnig viele Themen an, welche sich dann einfach “zerbrösmeln” und unvollendet im Raum stehen. Beispielsweise das ganze Thema rund um die Versammlung der Fabrikarbeitenden wird ca. die letzten 15 Jahre des Romans (ab 1845) kaum noch behandelt und höchstens hier und da in einem Nebensatz erwähnt, wie es sich entwickelt hat.
Genauso bleibt ob und wann eine Kanalisation gebaut wurde bis zum Schluss offen. Natürlich ist das auch nicht relevant für die eigentliche Geschichte, aber für meinen Geschmack hat es sich dann doch zu häufig um das Thema Kanalisation gedreht, für das es dann einfach stehen gelassen wird. Neben den genannten Beispielen gab es zahlreiche weitere Themen, welche von Lisa Graf geöffnet und nicht sauber zu Ende geführt werden und auch wenn es - so wie ich verstehe - noch mehrere Teile geben wird, bevorzuge ich persönlich auch in den einzelnen Teilen einen saubereren roten Faden und eine abgerundetere Behandlung der unterschiedlichen Themen die angeschnitten werden.
Was mir hingegen gut gefallen hat, ist der Aufbau und die Betitelung der Kapitel, mit ihrem jeweiligen Fokus auf einzelne Personen und Zeitabschnitte. Die Figuren wurden dadurch sehr nahbar und es war leicht, die verschiedenen Handlungssträngen voneinander abzugrenzen und ihnen zu folgen.
Insgesamt gefiel mir das Buch sehr gut, ich bin gespannt auf die Gesamtbewertungen der anderen Leserundeteilnehmer:innen und auch darauf wie sich die ganze Reihe weiterentwickelt 📖📖📖📖🥰