Liebe alle
Ich habe etwas früher mit dem Buch begonnen, da ich mit meinem Buch davor schon fertig war und befürchtete, dass ich kein weiteres vorher noch ,,reinkriege’'. Ich muss anmerken, dass ich im ersten Teil nur sehr schleppend vorankam. Deswegen ist es gar nicht so eine schlechte Sache, dass ich etwas früher gestartet habe.
Im ersten Teil des Buches werden die 4 Freunde JB, Malcolm, Willem und Jude vorgestellt. Man erhält einen Einblick in das Leben der erst genannten 3 Freunde und kann sich ein wenig mit den 3 identifizieren, lernt, warum jeder so tickt, wie er tickt und lernt auch etwas zum familiären Umfeld der 3 kennen. Einzig Jude bleibt im Halbschatten. Denn Jude lernen wir nur über die Erzählungen der anderen kennen.
Während Malcolm sich zu Jude hingezogen fühlt, ist Willem der ,,Pfleger’‘, der sich um Jude kümmert. Gleichzeitig versteckt er sich aber hinter ,,Sicherheit’', indem er Jude einfach machen lässt und nicht nachfragt. Irgendwie hat mich die Beziehung zwischen Willem und Jude ein bisschen an die Beziehung zwischen Willem und dessen Bruder erinnert. Willem kümmert sich einfach und sagt sich, dass wenn der andere einen glücklichen Eindruck macht, weil er da ist, ist das ausreichend. Ich habe mich aber ehrlicherweise immer wieder gefragt, ob das wirklich Freundschaft ist. Aus meiner Sicht - und das weiss Willem auch - wäre es besser, wenn er Jude anspricht, die unschönen Dinge ausgesprochen werden. Nur so kann eine Beziehung wachsen. Er verhält sich genau gleich wie seine Eltern. Denen wirft er ja auch vor, dass sie die Beziehung zwischen ihnen und ihm gar nicht befruchtet haben. Aber genau dasselbe macht er nun mit Jude. Die letzte Szene hat mich echt zum weinen gebracht. WARUM nimmt Willem Jude nicht einfach mal in den Arm? WARUM fragt Willem nicht nach? WARUM nimmt er einfach alles so hin und hinterfragt nichts, stellt Jude nicht zur Rede?
Malcolm ist ein bisschen das Nesthäkchen, auch wenn er gar nicht der jüngste ist. Aber irgendwie erscheint er mir der unreifste. Er möchte um alles in der Welt seinen Eltern (v.a. dem Vater) gefallen, auch wenn er weiss, dass dieses Ziel gar nicht erreichbar ist. Irgendwie fehlt mir bei Malcolm im Moment der Drive. Er ist ein reicher Mitläufer, der nichts aber gar nichts selber entscheiden möchte und sein Leben überhaupt nicht in die Hände nimmt. So lebt er immer noch bei Mama und Papa und lässt sich aushalten, arbeitet in einem Büro, einem Job, den ihn nicht beflügelt und nicht erfüllt. Auch ist er sich seiner Sexualität nicht bewusst. Aber statt sich aus seinem langweiligen Trott zu befreien, bleibt er in der gewohnten Starre zurück und ändert nichts. Ich würde soweit gehen, zu sagen, dass er nur in der Freundesgruppe ist, weil diese alles für ihn entscheiden. Er muss nie Initiative ergreifen. Er tut mir einzig in einem Punkt leid: Irgendwie wird er überall ausgegrenzt. Er ist zu reich, um ,,richtig’' schwarz zu sein, zu schwarz um weiss zu sein, zu weich um hetero zu sein. Malcolm durchlebt wohl eine absolute Identitätskrise und kann sich nicht einmal seinen Freunden öffnen.
JB ist mir unangenehm und ich finde den sehr übergriffig. Die Freundesgruppe wird von ihm angeführt und tanzt ganz nach seiner Nase. Wenn JB eine Party bei den anderen veranstalten möchte, dann haben die das auch gefälligst umzusetzen. Wenn JB eine völlig gemeine, hässliche, blöde Kunstgeschichte plant, haben die anderen gefälligst das Maul zu halten und mitzumachen. Denn JB ist der absolut beste, schönste und sowieso der interessanteste, der allen alles an den Kopf werfen kann, niemand ihm aber mal Paroli bieten kann.
Für mich ist das eine sehr ungesunde Freundesgruppe. Die 4 koexistieren und jeder zieht aus diesem Kreis, das, was er für nötig hält. Aber untereinander ist da keine Hilfe, keine Kritik, keine Liebe. Ich frage mich, ob diese Freundschaft das ganze Buch durch hält. Es würde mich nicht verwundern, wenn sie zerbricht.